Schulpflicht: Immer mehr Schüler schwänzen die Schule – das hat gravierende Folgen
Schweizer Schulen stellen fest, dass Absentismus seit dem Coronavirus ein Trend ist. Lehrer warnen vor weitreichenden Folgen. 1/5 An einem Gymnasium in Basel-Landschaft fehlten Schülerinnen und Schüler durchschnittlich 2,5 Wochen pro Schuljahr. Tamedia AG/ Raisa Durandi Schulangst, soziale Probleme in der Klasse oder zu Hause oder psychische Erkrankungen sind laut der Zürcher Erziehungsdirektion mögliche Gründe, die Jugendliche zum «Go blue» motivieren. Pixel Laut Christian Hugi, Vorstandsmitglied des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz (LCH), haben die Corona-Pandemie und die darauffolgenden Schulschliessungen den Anreiz erhöht, der Schule fernzubleiben. Pixel
Darum geht es
In vielen Schulen schwänzen Jugendliche zunehmend den Unterricht. Der sogenannte Schulabsentismus ist ein weit verbreitetes Phänomen mit gravierenden Folgen – Betroffene haben schlechtere Lebensperspektiven. Betroffene Schulen und Fachabteilungen erklären, was das „Blau“ verursacht und wie sie damit umgehen.
Wegen kleiner Ärgernisse, Prüfungsangst oder einfach weil es einem nicht gefällt, nicht zur Schule gehen: Chronische Fehlzeiten werden zu einem immer grösseren Problem an Schweizer Schulen. Der Beweis dafür wurde kürzlich an einem Gymnasium in Basel erbracht: 250 Schüler sammelten in einem Schuljahr fast 16’000 Fehlstunden – jeder Schüler fehlte also durchschnittlich 2,5 Wochen pro Jahr.
Auch andere Kantone kämpfen mit Fehlzeiten
Laut Christian Hugi, Vorstandsmitglied des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz (LCH), haben die Corona-Pandemie und die darauffolgenden Schulschliessungen den Anreiz erhöht, der Schule fernzubleiben. Dies hat das Thema an viele Schulen herangetragen. „Es ist wichtig, dass Schule und Eltern schnell miteinander und vor allem mit Kindern und Jugendlichen sprechen, die immer wieder dem Unterricht fernbleiben – das Coronavirus hat bei einigen Eltern auch zu zusätzlicher Verunsicherung geführt“, sagt Hugi. In St. Gallen haben die langen Abwesenheiten bereits zur Bildung einer Task Force geführt. Das Expertenteam stellte die Ergebnisse seiner Arbeit in Form von Broschüren vor, die Eltern, Lehrern und Schulverwaltungen helfen sollen. Auch Urs Landolt, Rektor der städtischen Schulen in Zug, sieht sich mit dem Thema konfrontiert: «Wir sind aber gut darauf vorbereitet, Betroffene in solchen Situationen möglichst frühzeitig zu beraten oder in Zusammenarbeit mit anderen Fachstellen Lösungen zu finden.»
Die Gründe für das „Machen von Blau“ sind vielfältig
Laut der Zürcher Erziehungsdirektion sind die Ursachen, die Jugendliche zum «Go blue» motivieren, vielfältig und individuell: Angst vor der Schule, soziale Probleme im Unterricht oder zu Hause oder psychische Erkrankungen sind mögliche Gründe. Diese sollten vorrangig durch pädagogische bzw. erzieherische Maßnahmen angegangen werden. Die Verantwortung für die Erfüllung der Schulpflicht liegt jedoch in erster Linie bei den Eltern. „Wenn Schüler nicht zur Schule erscheinen, wird die Schule die Eltern umgehend kontaktieren. Bei wiederholtem Fehlen muss die Schule zusammen mit den Eltern und allenfalls mit Sozialarbeitern oder dem schulpsychologischen Dienst die Gründe abklären und entsprechende Massnahmen ergreifen», heisst es seitens der Zürcher Erziehungsdirektion.
Die studentische Entwicklung leidet
Schulabwesenheit und unentschuldigtes Fehlen haben oft schwerwiegende Folgen für die Gesamtentwicklung eines Kindes. „Bei vielen Fehlzeiten leidet der Studienfortschritt der Studierenden. Dadurch werden Schulabschlüsse, Lebensperspektiven sowie soziale Entwicklung und Zugehörigkeit aufs Spiel gesetzt“, sagt Hugi (LCH). „Je länger das Kind der Schule fernbleibt, desto schwieriger wird die Rückkehr in den Schulalltag und desto mehr verfestigt sich das Verhalten – ein echter Teufelskreis.“ Umso wichtiger ist es, dieses Verhalten frühzeitig zu erkennen und zu verhindern – eine solide Beziehung zwischen Schülern und Lehrern ist zentral.
„Du kannst genauso gut mit ein bisschen Bauchweh zur Schule gehen“
Matthias Obrist, Leiter des Schulpsychologischen Dienstes der Stadt Zürich, erklärt, wie Eltern reagieren sollten, wenn sie Ängste haben oder sich nicht sicher sind, ob ihr Kind betroffen ist: Sie sollten aufmerksam sein und das Gespräch suchen, wenn ein Kind oder Jugendlicher es nicht tut möchte jetzt so schnell wie möglich zum Unterricht gehen und die Schule kontaktieren. „Man sollte sein Kind nicht von der Schule abhalten und eventuelle Ängste schüren – mit etwas Bauchweh kann man schon zur Schule gehen.“
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