Tatsächlich sollte die Erde in ihren frühen Tagen ziemlich kalt und nicht sehr bewohnbar gewesen sein. Die junge Sonne hat vor etwa vier Milliarden Jahren etwa 20 bis 25 Prozent weniger Licht und Wärme abgestrahlt. Die junge Erde sollte also eigentlich zu kalt für nasses Wasser und Leben sein. Stattdessen war ihr Klima jedoch mild und die Meere bedeckten den gesamten Planeten.

Löst der Ozean das Paradoxon der schwachen jungen Sonne?

Wie war das möglich? Dieser Widerspruch, auch Paradoxon der jungen schwachen Sonne genannt, ist nicht eindeutig geklärt. Obwohl einige Hypothesen darauf hindeuten, dass eine erhöhte Konzentration von Treibhausgasen wie Methan oder Kohlendioxid in der Uratmosphäre die fehlende Strahlung kompensieren könnte, ist dies bisher nicht eindeutig belegt. Eine andere Erklärung für das Paradoxon hätten Stephanie Olson von der Purdue University in Indiana und ihre Kollegen nun finden können. Sie haben untersucht, ob und wie sich der Salzgehalt der Ozeane auf das Erdklima auswirkt. Es ist bereits bekannt, dass der erhöhte Gehalt an gelösten Salzen die Aufnahme von Gasen im Wasser hemmt – ein salzigerer Ozean nimmt weniger CO2 oder Methan auf und erhöht somit deren Luftgehalt. „Außerdem senkt ein höherer Salzgehalt den Gefrierpunkt von Wasser und verhindert so die Bildung von Meereis“, erklären die Forscher.

Primärland in drei Varianten

Doch bisher ist nicht klar, wie salzig die Urmeere waren. „Aber wir haben allen Grund zu der Annahme, dass sich der Salzgehalt der Ozeane im Laufe der Erdgeschichte verändert hat“, schrieb das Team. Einerseits können Verdunstung, hydrothermale Quellen sowie Wetterbedingungen und andere geochemische Prozesse den Salzgehalt des Meerwassers verändern. Gelöste Natrium- und Chlor-Ionen hingegen verbleiben durchschnittlich etwa 80 bis 98 Millionen Jahre im Meerwasser und müssen daher durch solche Prozesse immer wieder zugeführt werden. Olson und ihre Kollegen rekonstruierten für ihre Studie drei Varianten der Urerde, die noch weitgehend von Wasser bedeckt war, in einem verbundenen Ozean-Atmosphäre-Modell. Diese unterschieden sich nur im Salzgehalt des Meerwassers, der um 2, 3,5 und 5 Prozent niedriger, gleich und höher war als heute. Alle drei Modelle erhielten 20 Prozent weniger Sonnenlicht als heute und hatten eine von CO2 und Methan dominierte Atmosphäre. Die Meereisbedeckung der frühen Erde bei unterschiedlichen Niveaus des atmosphärischen CO2 und des ursprünglichen Salzgehalts der Ozeane. © Olson et al./ Geophysical Research Letters, CC-by-nc-nd 4.0

Mehr Hitze und weniger Eis

Das Ergebnis: Schon ein etwas höherer Salzgehalt im Urmeer würde sich positiv auf die Klimaentwicklung der frühen Erde auswirken. „Der erhöhte Salzgehalt in den Ozeanen hat zu steigenden Temperaturen geführt, insbesondere in großen Breiten, und zu einer geringeren Meereisbedeckung“, sagte das Team. Im Szenario mit dem höchsten Salzgehalt waren die Welttemperaturen fast ein Grad höher und im hohen Norden sogar fast zwölf Grad höher als im salzärmeren Binnenmeer. Die Meereisfläche war etwa 71 Prozent kleiner. Bei gleichem CO2-Gehalt und gleicher Sonneneinstrahlung wäre eine frühe Erde mit einem heutigen Meeressalzgehalt von 3,5 Prozent fast vollständig gefroren und hätte am Äquator nur einen Streifen offenes Wasser behalten. „Aber wenn man den Salzgehalt auf 5 Prozent erhöht, ergibt das Modell ein warmes Klima mit Oberflächentemperaturen von 20 Grad und nur saisonalem Eis an den Polen“, sagen Olson und ihr Team. Darüber hinaus senkt ein salzigerer Ozean die CO2-Schwelle, bei der der Planet in den „Schneeball“-Zustand einer globalen Eiszeit fällt. „Die Schwelle, an der die Erde plötzlich zwischen verschiedenen klimatischen Bedingungen kippt, hängt vom Salzgehalt ab“, sagen die Wissenschaftler.

„Salz der Erde“ als Schlüsselzutat

Dem Forscherteam zufolge könnte der Urozean eine wichtigere Rolle für das frühe terrestrische Klima spielen als bisher angenommen. „Unsere Ergebnisse erhöhen die aufregende Möglichkeit, dass ein salziger Urozean die schwächere Helligkeit der jungen Sonne zumindest teilweise ausgeglichen haben könnte“, schreiben Olson und Kollegen. “Dann wäre Salz eine notwendige Zutat für die Lebensfähigkeit der frühen Erde.” Ob das Urmeer tatsächlich salziger war als heute, ist noch nicht geklärt. Das weite Vorkommen urzeitlicher Salzsedimente macht dies laut den Forschern aber durchaus möglich. Einigen Studien zufolge könnte das an sie gebundene Salz ausreichen, um den Salzgehalt der präkambrischen Meere auf etwa 5 % zu erhöhen. Erst in der späteren Erdgeschichte sank der Salzgehalt der Meere durch geochemische Prozesse allmählich auf seinen heutigen Wert. (Geophysical Research Letters, 2022; doi: 10.1029 / 2021GL095748) Quelle: Geophysikalische Forschungsbriefe 21. Juni 2022 – Nadja Podbregar