Kleine Partys ohne Gelegenheit In den USA geben Demokraten oder Republikaner den Ton an. Dass kleine Parteien fast keinen Erfolg haben, liegt am Wahlsystem, das absolute Mehrheiten erfordert. Ein Schweizer Wahlsystem würde die politische Landschaft der USA massiv verändern. 1/11 Donald Trump beim Parteitag der Republikaner 2020: Er betrachtet die Demokraten als seine Feinde. Dazwischen stehen in den USA große Wahlen an: Am Dienstag wählen die Amerikaner das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu. Während in der Schweiz und anderen demokratischen Ländern viele Parteien um Sitze bei Wahlen kämpfen, treten in den USA nur zwei Parteien an: die Demokraten und die Republikaner. Dazwischen ist ein riesiger Graben. Gibt es in dem 332-Millionen-Einwohner-Land wirklich nur zwei Parteien? Nein, bundesweit sind es rund 20. Dass aber nur zwei Parteien so stark sind, liegt vor allem am Wahlsystem. „In den meisten Ländern gilt: Winner takes all“, erklärt Claudia Brühwiler (40), US-Expertin an der Universität St. Gallen. Das heißt, wer in einem Staat die Mehrheit erringt, bekommt alle Stimmen. Hier ist, was Sie über Zwischenprodukte wissen müssen In diesem Wahlsystem haben nur die ganz großen Parteien eine Chance. Claudia Brühwiler: «Wähler handeln deshalb rational, wenn sie zu einer der beiden grossen Parteien strömen und ihre Stimme nicht an eine weniger aussichtsreiche Partei verschwenden.»

Die drei großen Kleinen

Von den kleinen Parteien gibt es drei – Dritte Parteien genannt –, die von einiger Bedeutung sind: die Grünen, die Verfassungspartei und die Liberale Partei.

Grüne Partei: 1996 gegründet, ist sie eine der erfolgreichsten Parteien auf lokaler Ebene. Wie der Name schon sagt, engagiert sie sich für den Klimaschutz und damit für alternative Energien und eine drastische Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Im Jahr 2000 erhielt ihr Präsidentschaftskandidat Ralph Naders (88) 2,7 Prozent der Stimmen. Liberale Partei: Sie fordern Freiheit, wo immer sie können. Mit Ausnahme von Polizei, Armee und Justiz wollen sie alle Bereiche wie Soziales, Wirtschaft, Verkehr und Transport der Privatwirtschaft überlassen. Sie wurde 1971 gegründet und ihr Wähleranteil bei den Präsidentschaftswahlen lag unter einem Prozent. 2020 hielten sie kurzzeitig einen Sitz im Repräsentantenhaus, aber nur, weil ein Republikaner die Partei wechselte. Constitution Party: 1991 als Taxpayers Party gegründet, steht diese Partei rechts von den Republikanern. Die konservative Fraktion will Kirche und Bibel stärker in die Gesellschaft integrieren und Homosexualität und Abtreibung verbieten.

Klein wie Könige

Obwohl diese Drittparteien in den USA fast nie auftreten, können sie dennoch Wahlen beeinflussen. 2016 verlor die Demokratin Hillary Clinton (75) die Präsidentschaftswahl gegen Donald Trump (76), obwohl sie in Umfragen als Favoritin gilt. Dazu dürfte beigetragen haben, dass die Kandidatur des Libertären Gary Johnson (69) auf Kosten Clintons ging. Auch Clinton verlor Stimmen, weil die Grünen eine weitere Frau auf den Wahlkampf geschickt hatten. Claudia Brühwiler: «Bei Präsidentschaftswahlen gab es immer wieder Drittkandidaten, die mit einem der beiden anderen Kandidaten verwechselt wurden, weil sie ohne Mehrheitsaussicht die Wähler gestohlen haben.»

Die Wahlreform wird Veränderungen bringen

Der US-Experte sagt: “Amerika hat vielleicht nur zwei Parteien, aber die sind ganz anders.” Der politische Grabenkrieg, den wir zum Beispiel zwischen den Parteien in der Schweiz beobachtet haben, findet in den USA innerhalb der Parteien statt. Ein Mehrparteiensystem ist nur mit einer Wahlrechtsreform möglich. «Würde beispielsweise für das Nationalrat ein Verhältniswahlrecht eingeführt, ähnlich wie bei unseren Nationalratswahlen, sähen die Parteienlandschaft und damit die Kräfteverhältnisse ganz anders aus», sagt Claudia Brühwiler.