Menschenrechtskonvention
Die EMRK trat 1953 in Kraft. Österreich trat ihr 1958 bei und erhielt 1964 rückwirkend ab dem Beitrittsdatum Verfassungsrang. Die EMRK sieht bestimmte Grundrechte und -freiheiten vor, wie das Recht auf Leben, das Verbot von Folter, Sklaverei und Zwangsarbeit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit. und Gewerkschaft und Nichtdiskriminierung. Ähnlich äußerte sich Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und argumentierte, dass die Auslegung der EMRK „durch manche Gerichte“ oft nichts mit „der Grundidee“ der Konvention zu tun habe. Für Mikl-Leitner ist es unverständlich, wenn beispielsweise Abschiebungen in andere sichere EU-Staaten nicht möglich sind. „Niemand versteht es. Das bedeutet, dass Ihre eigenen hohen Standards zu einem Hindernis für ein glaubwürdiges Asylsystem werden.“ Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) will die Menschenrechte nicht aushöhlen, sieht aber auch Handlungsbedarf, da deren „überzogene Auslegung“ in der Rechtsprechung des europäischen Asylsystems teilweise zu „absurden Situationen“ geführt habe in der ORF-„Exposure“ am Dienstag beschrieben, betonte er. Der europäische Rechtsrahmen insgesamt muss angepasst werden. Das europäische Asylsystem besteht laut Raab den Praxistest nicht mehr und ist gescheitert. Denn sonst wäre es dem Binnenland Österreich nicht möglich, über 90.000 Asylanträge in einem Jahr zu registrieren.
Karas Rezension
Das Eintreten der ÖVP für eine Änderung der EMRK wurde von Parteikollege und EU-Parlamentsvizepräsident Karas gleich kritisiert. Er twitterte: „Die Europäische Menschenrechtskonvention ist eine humanitäre Errungenschaft. Wer sie in Frage stellt, sägt einen Eckpfeiler unserer Demokratie ab. Dass diese ÖVP-Initiative weiterhin Unterstützung findet, erstaunt mich und fordert eine klare Absage. APA/Helmut Fohringer Edtstadler sagte auf einer Pressekonferenz, die EMRK sei nicht verhandelbar
Van der Bellen-Charaktere
Am Abend ging Van der Bellen mit gutem Beispiel voran und nahm im Wiener Rathaus an der Verleihung des Ferdinand-Berger-Preises des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstands (DÖW) an den auf Ausländer- und Asylrecht spezialisierten Rechtsanwalt Wilfried Embacher teil. Dem Bundespräsidenten war es wichtig, als Gast bei der Preisverleihung dabei zu sein, um das Engagement Embachers für die Menschenrechte zu würdigen, so das Präsidialamt. Der Anwalt vertrat unter anderem die Studentin Tina, deren Abschiebung nach Georgien anderthalb Jahre später für rechtswidrig erklärt wurde. Van der Bellen hatte zuvor getwittert: Die EMRK sei eine große menschliche Errungenschaft, ein Kompass für die Menschheit und Teil des Grundkonsenses der Republik, twitterte er. Dies in Frage zu stellen, löst keine Probleme, sondern erschüttert die Fundamente, auf denen unsere Demokratie ruht.
Debatte über die EMRK
Die Asylfrage löste in der ÖVP eine Debatte über die Europäische Menschenrechtskonvention aus. Vereinspräsident August Wöginger fordert eine Überarbeitung der Menschenrechtskonvention, die Grünen, SPÖ und Menschenrechtsorganisationen verärgert.
„Nicht verhandelbar“ für Edtstadler
Auch Bundeskanzlerin Edtstadler und Justizministerin Alma Zadic (Grüne) bezeichneten die Menschenrechtskonvention als “nicht verhandelbar”. Unterdessen rief die Katholische Aktion Österreich in einer Sendung am Dienstag alle politischen Führer dazu auf, gegen „das Pfeifen auf die Grundlagen der Europäischen Menschenrechtskonvention“ vorzugehen.
Drexler: Wöginger „hat recht“
Ungeachtet dessen erhielt auch der Vorsitzende der Kärntner ÖVP-Landespartei, Martin Gruber, vorsichtige Unterstützung für Wögingers Vorschlag: „Wir müssen etwas gegen den Asylmissbrauch als Deckmantel tun. Wenn das eine Änderung der Europäischen Menschenrechtskonvention erfordert, bin ich dafür“, sagte Gruber. Zudem müsse „klargestellt werden, dass Asylverfahren außerhalb der EU stattfinden sollen, um die illegale Einwanderung zu stoppen“, sagte Gruber. APA/Roland Schlager ÖVP-Chef Karl Nehammer hat sich noch nicht zum EMRK geäußert, kritisiert aber bereits die Asylpolitik der EU Auch der steirische Landeshauptmann Christoph Drexler (ÖVP) hatte sich positiv zu Wögingers Vorschlag geäußert. „Er hat recht. Wenn es darum geht, über die Europäische Menschenrechtskonvention diskutieren zu können“, sagte er: „Mir geht es weniger um den Text der EMRK von 1950. Sondern um die fortwährende weitere Auslegung durch den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg kann als unabhängiges gerichtliches Recht angesehen werden, siehe Dies wirft die Frage der demokratischen Legitimität auf. Wiens ÖVP-Obmann Karl Mahrer sieht Europa in der Pflicht, “diesen Dialog anzugehen”, wie er es ausdrückte. „Menschenrechte sind die Grundlagen der Demokratie. Grundrechte und Rechtsprechung zu Asyl und Einwanderung müssen jedoch an aktuelle und zukünftige Herausforderungen angepasst werden“, sagte er und stimmte seinen Kollegen zu.
Wallner: Vielfältige Diskussion
Die Reaktion aus Vorarlberg am Dienstag klang etwas vorsichtiger, wenn nicht geradezu negativ. Es sei eine differenzierte Debatte, die auch differenziert geführt werden müsse, erklärte Landeshauptmann und ÖVP-Chef Markus Wallner. Wohl niemand zweifelt an den Grundsätzen der Konvention, sie sind „unveränderlich“. Allerdings mache die über Jahre gewachsene Rechtsprechung Schwierigkeiten, „und es wäre ein Fehler, die Augen vor den Problemen zu verschließen“. Beim Thema Asyl sei die Genfer Flüchtlingskonvention „unsere Richtschnur“, sagte Tirols Landeshauptmann und ÖVP-Landesvorsitzender Anton Mattle. Angesichts “dramatischer Flüchtlingsbewegungen” müsse das geltende Recht und seine Rechtsauslegung auch Lösungen enthalten, “wie europäische Staaten mit Massenasylanträgen, scheinbaren Wirtschaftsflüchtlingen, illegaler Einwanderung und kriminellem Menschenhandel umgehen können”. Ähnlich klang auch der Landeshauptmann von Oberösterreich, Thomas Stelzer: „Eines ist klar: So kann die unkontrollierte Zuwanderung nicht mehr weitergehen. Asyl bedeutet vorübergehender Schutz durch ein sicheres Land, aber nicht durch Dutzende von EU-Ländern zu marschieren oder herumgeschleppt zu werden, bis Sie Asyl beantragen. Aus meiner Sicht ist es notwendig, das Asylsystem insgesamt zu überarbeiten und an die neuen Herausforderungen anzupassen.’ „Menschenrechtsfragen sind besonders sensibel, da müssen wir vorsichtig sein“, sagte der Sprecher des Salzburger Landeshauptmanns Wilfried Haslauer. „Die Grundsätze des Asyls sind klar und sie existieren für diejenigen, die Asyl brauchen. Aber wir brauchen eine Lösung für Wirtschaftsflüchtlinge, die sich auf die Asylbehörden berufen – aber ohne jegliche Asylaussicht“ – mehr dazu auf salzburg.ORF.at.
Überprüfung durch SPÖ und NEOS
Die SPÖ hatte Wögingers Äußerung bereits am Montag scharf kritisiert. „Für die ÖVP geht es immer bergab und jedes Mal, wenn es schief geht und die Nervosität groß ist, versuchen sie, mit den Themen Asyl und Zuwanderung als Ablenkungsmanöver zu reüssieren“, sagte Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger wertete Wögingers Fortschritte als “Ablenkung vom eigenen Versagen” in der Einwanderungspolitik. Die „Blender“ der letzten Jahre sollen nun sehen, dass die vermeintlich gesperrten Einwanderungsstraßen „offen“ sind. Wöginger hingegen erhielt Unterstützung von der FPÖ. Der Konvent, so FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz, „stammt aus Zeiten, in denen eine erneute Völkerwanderung undenkbar war“ und soll „daher an unsere Zeit angepasst werden“. Es war bereits zwölf nach fünf. Schnedlitz wies aber auch darauf hin, dass Wöginger mit der Revision der EMRK einen Ansatz der FPÖ aufgreife, der Herbert Kickl als Innenminister skandalisiert hatte.
Wöginger kritisierte Kickl für die EGMR-Stellungnahme
Anfang 2019 stellte Kickl als Innenminister die Menschenrechtskonvention in Frage und sagte, es gelte „der Grundsatz, dass das Recht der Politik folgt und nicht die Politik dem Gesetz“. Der damalige ÖVP-Justizminister Josef Moser und Van der Bellen verurteilten Kickls Aushöhlung der EMRK. Auch Wöginger äußerte sich kritisch. „Was uns trennt, Herr Kickl, ist, dass wir die Grund- und Menschenrechte schützen, sie akzeptieren und anerkennen und auch die Menschenrechtskonvention anerkennen“, sagte Wöginger im Bundestag 2020 gegenüber FPÖ-Klubchef Kickl.