Stand: 15.11.2022 18:08 Uhr
Der DAX schloss den Handel im Kielwasser der Wall Street mit leichten Gewinnen. Damit bleibt der Markt hoch und profitiert von nachlassenden Zinsängsten in den USA.
Beflügelt von nachlassenden US-Zinsängsten stieg der DAX heute leicht. Deutschlands Top-Index schloss den Handel bei 14.378 Punkten, ein Plus von 0,46 % an diesem Tag. Nachdem der Index im Laufe des Tages mehrfach das Vorzeichen wechselte, drehte er am Nachmittag nach neuen Kursdaten aus den USA schließlich ins Positive. Das Tageshoch lag bei 14.440 Einheiten, das Tagestief bei 14.266 Einheiten.
Seit dem Jahrestief Ende September hat sich der DAX um rund 20 Prozent oder knapp 2400 Punkte erholt. Gewinnmitnahmen sind trotzdem nicht in Sicht, was nach einem solchen Anstieg nicht ungewöhnlich wäre.
„Nach einem Kursanstieg von mehr als 20 % ist eine Verschnaufpause oder gar eine Konsolidierung eher die Regel als die Ausnahme“, sagt Portfoliomanager Thomas Altmann vom Anlageberater QC Partners.
Der Inflationsdruck in den USA lässt weiter nach
Der besondere Auslöser für den Markt am Nachmittag waren besser als erwartete US-Erzeugerpreise im Oktober. Diese deuteten darauf hin, dass sich der Preisauftrieb auf Herstellerebene weiter abschwächte, wie zuletzt auch auf Verbraucherebene. Die Erzeugerpreise stiegen im Monatsvergleich um 8 Prozent. Analysten hatten im Schnitt mit 8,3 Prozent gerechnet.
Erzeugerpreise gelten als Indikator für zukünftigen Preisdruck. Die sinkende Inflation ist einer der Schwerpunkte für die Federal Reserve, was bedeutet, dass sie die Zinssätze möglicherweise nicht so stark anheben wird wie kürzlich. Genau diese Hoffnung treibt derzeit die Aktienmärkte an, auch wenn die Rezessionsängste noch nicht verflogen sind.
Auch das Stabilitätsziel der Fed von 2,0 % ist in weiter Ferne. Die US-Währungsbehörden streben eine Inflationsrate von 2,0 Prozent an – vergleichbar mit der EZB der Europäischen Zentralbank.
„Dass der Preisdruck im vergangenen Monat stärker als erwartet nachgelassen hat, hat die Zinssorgen auf beiden Seiten des Atlantiks gemildert“, sagte Timo Emden, Analyst bei Emden Research.
Kürzlich deuteten Äußerungen von Fed-Vizepräsident Lael Brainard an, dass die Zentralbank den Leitzins im Dezember nur um einen halben Prozentpunkt anheben könnte. In einem Interview mit Bloomberg nannte sie den überraschend starken Rückgang der Inflation um einen halben Prozentpunkt „beruhigend“.
Große Gewinne an der Wall Street
Die Wall Street steigt deutlich schneller als in Deutschland. In Erwartung geringerer Zinserhöhungen durch die Federal Reserve greifen die Anleger mutig zu US-Aktien. Insbesondere der zinssensitive Tech Nasdaq setzt seinen jüngsten Lauf fort und liegt derzeit bei etwa 2,5 %. Ausgehend von den Verbraucherpreisdaten vom vergangenen Donnerstag betrug der Zuwachs mehr als zehn Prozent.
„Die Daten stützen die Hoffnung, dass die Inflation überwindet“, sagte Robert Pavlik, Portfoliomanager bei Dakota Wealth Management. “Das gibt dem Markt mehr Vertrauen.”
Die Großhandelspreise steigen langsamer
Auch die deutschen Großhandelspreise für Oktober boten dem heimischen Aktienmarkt am Morgen eine wichtige Stütze: Sie stiegen laut Statistischem Bundesamt im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17,4 Prozent. Das ist der geringste Anstieg seit Februar, als Russlands Krieg gegen die Ukraine begann und viele Rohstoffe und Zwischenprodukte teurer wurden.
„Ist es jetzt die Trendumkehr bei der Inflation? Da wäre ich noch vorsichtig“, sagt LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Insbesondere bei Energie und Lebensmitteln könnte der Preisdruck auf die Verbraucher zunehmen. “Deshalb sehen wir kurz nach dem Jahreswechsel den Höhepunkt der Inflation.”
Wirtschaftsupdate 15.11.2022
Stefan Wolff, Personal, 15.11.2022 10:07 Uhr
Der ZEW-Index steigt überraschend deutlich
Auch der ZEW-Index sendete positive Signale. Das Barometer des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) stieg im Vergleich zum Vormonat um 22,5 Punkte auf minus 36,7 Punkte. Auch die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage verbesserte sich überraschend um 7,7 Punkte auf minus 64,5 Punkte.
Die wirtschaftliche Lage bleibt jedoch angespannt: „Die leichte Stimmungsaufhellung bedeutet noch keine Trendwende, denn die Volatilität und der Gegenwind durch die hohe Inflation bleiben vorerst hoch“, kommentiert Christoph Swonke, Volkswirt der DZ Bank. .
Der Euro steigt
Der Euro erholte sich am Dienstag nach einem verhaltenen Start deutlich. Die Gemeinschaftswährung kletterte im Laufe des Tages bis auf 1,0437 $, den höchsten Stand seit Anfang Juli. Am späten Nachmittag notierte der Euro bei 1,0386 $. Die Europäische Zentralbank legte den Referenzzinssatz auf 1,0404 $ (Montag: 1,0319 $) fest.
Einerseits nannten Händler eine breite Dollarschwäche als treibende Kraft, von der auch der Euro profitierte. Angesichts leichter Entspannungstendenzen in den Beziehungen zwischen China und den USA ist die US-Währung als sicherer Hafen in wirtschaftlich unsicheren Zeiten kaum gefragt. US-Präsident Joe Biden hatte…