Ruhr-Universität Bochum am 17. November 2022
Mitochondrien sind vor allem als Kraftwerke der Zellen bekannt. Diese Zellorganellen sind aber nicht nur wichtig für die Energiebereitstellung: Professor Dr. Konstanze Winklhofer von der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum konnte zeigen, dass Mitochondrien auch bei der Übertragung von Signalprozessen im angeborenen Immunsystem eine wichtige Rolle spielen. Sie regulieren einen Signalweg, der zur Eliminierung von Krankheitserregern führt, aber bei zu langer Aktivierung Schäden durch chronische Entzündungen anrichten können. Das Forschungsteam berichtet am 17. November 2022 im EMBO Journal.
Schutz vor Bakterien und Viren
Verian Bader, Konstanze Winklhofer und Zhixiao Wu (von links) arbeiteten gemeinsam an der Studie.© RUB, Marquard Bestimmte Botenstoffe, aber auch sogenannte intrazelluläre Krankheitserreger, wie Viren und einige Bakterien, aktivieren den Transkriptionsfaktor NF-κB. Es reguliert die Expression verschiedener Gene. „Je nach Reiz und Zelltyp werden die Zellen vor dem Zelltod geschützt und mehr Proteine produziert, die zur Eliminierung von Bakterien und Viren beitragen“, erklärt Konstanze Winklhofer. Eine übermäßige und anhaltende Aktivierung dieses eigentlich schützenden Signalweges kann jedoch zu chronischen Entzündungen führen. „Deshalb ist eine effektive Regulation dieser Signalprozesse von großer medizinischer Bedeutung, um pathologische Prozesse zu vermeiden, die aus einer ineffizienten oder übermäßigen NF-κB-Aktivierung resultieren.“
Zwei Vorteile von Mitochondrien: Sie sind mobil und haben eine große Oberfläche
Die aktuelle Studie zeigt erstmals, dass Mitochondrien an der Regulation des NF-κB-Signalwegs beteiligt sind. Innerhalb von Minuten nach Aktivierung dieses Signalwegs wird auf der äußeren Mitochondrienmembran ein Signalkomplex gebildet, der NF-κB aktiviert. „Durch die große Oberfläche der Mitochondrien wird das Signal verstärkt“, erklärt Konstanze Winklhofer. „Außerdem haben Mitochondrien noch eine weitere Eigenschaft, die sie als Organellen für die Signalübertragung prädestiniert: Sie sind mobil und können sich an die Motorproteine der Zelle anlagern.“ und erleichtern so die Aufnahme in den Zellkern. Mitochondrien sind jedoch nicht nur an der effizienten Aktivierung des NF-κB-Signalwegs beteiligt. sie tragen auch zur Deaktivierung und damit zur Signalregulation bei. Dafür sorgt ein Enzym in der äußeren Membran der Mitochondrien. Es macht eine Veränderung in bestimmten Proteinen rückgängig, die für die Aktivierung notwendig sind.
Warum Parkinson-Patienten anfälliger für bestimmte Infektionen sind
An der mitochondrialen Regulation des NF-κB-Signalwegs sind zwei Gene beteiligt, deren Mutation zur Parkinson-Krankheit führt: PINK1 und Parkin. „Unsere Daten erklären, warum der Verlust der PINK1- oder Parkin-Funktion unter Stressbedingungen zu einem erhöhten Zelltod von Nervenzellen führt“, sagt Konstanze Winklhofer. „Bemerkenswert ist der Befund, dass Parkinson-Patienten mit Mutationen im Parkin- oder PINK1-Gen anfälliger für verschiedene Infektionen sind, die durch intrazelluläre Erreger verursacht werden. Somit trägt unser Wissen auch dazu bei, die Schnittstellen zwischen Nervensystem und Immunsystem besser zu verstehen.” Gehirn- und Nervengesundheitsforschung