Von Zita Bereuter 1 Im Kondom war ein Loch 2 Vater raucht „die Zigarette danach“ vor einem anderen 3 Mutter geht „Das große Buch der Vornamen“ alphabetisch von hinten nach vorne durch und bleibt bei Karlo stehen 4 Karlo mit K würde ein Carlo mit C sein kann. Ausgesprochen klingt das gleiche. „Unvollständig“ ist eine Aufzählung, eine Liste mit 99 Punkten. Valeria Anna Lampert braucht Listen. „Ja, ich bin eindeutig ein Mann der Liste. Ich habe Listen, ich habe Listen über Listen.“ Lacht. “Ich darf nicht vergessen, was auf welcher Liste steht.” Schließlich ist Valeria in mehreren Sektoren tätig. Sie hat Psychologie und Kommunikationswissenschaften studiert, absolvierte die Leondinger Schreibakademie, schreibt als Redakteurin und absolviert eine Ausbildung zur Psychotherapeutin.
Psychologie
Diese psychologische Expertise ist beim Schreiben definitiv von Vorteil. „Vor allem, wenn man Charaktere auf irgendeine Weise weiterentwickeln möchte. In allem steckt immer Psychologie. Es geht also immer um ein „Wollen“ und ein „Bedürfnis“ – was will die Person, was braucht die Person wirklich? Dann entwickelt sich eine Geschichte. Und Psychologie kann sicher nicht schaden.” Manchmal fließen Erfahrungen aus ihrer Arbeit in ihre Schriften ein. Valeria hat zum Beispiel ein Praktikum in einer Einrichtung für Suchtkranke gemacht und viele Geschichten gehört. „Und natürlich kann man von allem ein bisschen nehmen und zum Beispiel eine Figur entwickeln.“ Aber das ist ihr wichtig – es gibt immer Kombinationen von verschiedenen Menschen. “Und natürlich bleibt es immer völlig anonym.” Valeria Anna Lampert* 1991 in Feldkirch, Studium der Psychologie und Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien. Er arbeitet selbstständig als Redakteur und ist ausgebildeter Psychotherapeut. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, Projektstipendium der Stadt Wien, Aufenthaltsstipendium des Landes Vorarlberg. Er absolvierte die Leondinger Literaturakademie. Lebt seit 2010 in Wien. Valeria begann früh mit dem Schreiben. Ihre Cousine schickte ihr kürzlich ein Foto, auf dem die sechseinhalbjährige Valeria mit ihrem ersten Buch zu sehen ist, das sie zusammen mit der Kinderbuchautorin Christina Rettl geschrieben hat. Valeria lacht, natürlich steuerte jedes Kind nur einen Satz bei. Aber es war klar, dass sie es liebt zu schreiben. Es folgten Tagebücher und Blogs, und seit ihrem Abschluss an der Leondinger Akademie beschäftigt sie sich auch mit dem Schreiben als Kunst. Arbeite mit Worten, behandle sie ernst. Auf die Frage nach ihren Schreibgewohnheiten schluckt sie kurz. Sie fragte ihre Freundin, was sie antworten sollte, wenn sie gefragt würde. Ihr Freund sagte ihr, sie solle die Wahrheit sagen: “Es ist eine Katastrophe.” Er sieht das etwas anders. „Ich würde es nicht als Katastrophe bezeichnen, aber für mich ist das Schreiben so eine Notwendigkeit. Und ich liebe es und gleichzeitig werde ich dort auch am meisten mit meinen Selbstzweifeln konfrontiert. Sich hinzusetzen und zu schreiben kann oft eine große Herausforderung sein und dann muss man das erstmal verkraften und aushalten.” FM4 / Zita Bereuter 12 Cousin schiebt Carlo ohne Armbinden in den Pool. Carlo kommt herunter. 13 “Was ist der größte Fisch der Welt?” Carlo fragt seine Mutter, die es nicht weiß. 14 „Warum ist der weibliche Walhai größer als der männliche? Warum hat der Walhai keine Feinde? Warum ist der Walhai so friedlich, wenn er Hai genannt wird?’ Die Mutter sagt: „Warum, warum, warum“ und nimmt das Essen zu früh aus der Mikrowelle. 15 Carlo zeichnet mit einem Bleistift den Plan für ein Segelboot. Er möchte einen weiblichen Walhai sehen. 16 Die Mutter versucht, ihn aufzuhalten, aber die Millionen-Dollar-Show beginnt.
Große Dramen in kleinen Sätzen
Es sind kurze Sätze, in denen sich ganze Dramen abspielen. Das war Valerias Ziel. Ein Freund sagte einmal über einen Satz aus einem anderen Text: “In diesem einen Satz steckt eine ganze Geschichte.” Und dieser Satz war ein unvollständiger Satz. Nichtbegründung war also das Muster für den ganzen Text, das Unvollständige. Valeria habe sich damals genau solche Sätze gewünscht, „die alle irgendwie mit einer Unvollständigkeit umgehen und gleichzeitig in einem kurzen Satz viel aussagen“. 23 „Warum wollen Sie bei uns arbeiten?“ fragt der Mann im Easy-Drivers-Shirt. “Mein Konto ist schneller leer als der Monat vergeht.” 24 Bei der ersten Fahrstunde trägt Irma ein blaues Kleid mit vielen kleinen Ankern darauf. Eine gelbe Socke und eine rote. 25 Nach der Fahrprüfung sagt Irma: „Gib mir deine Nummer und dann können wir ‚Was können wir machen?’ Irma kommt heraus. 26 Irma beendet manchmal Sätze nicht und merkt es nicht. 27 Irma isst eine Vorspeise und ein Dessert und küsst dann Carlo.“ Im Mittelpunkt stehen Carlo und Irma. Er entschuldigt sich immer wieder, sie hört nicht auf. Es lässt ihre Sätze unvollständig. “Sie ergänzen sich ganz gut, würde ich sagen, und fordern sich auch heraus.” „Unvoll“ klingt auch wie der Slang für „Unfall“. Auch diese Anspielung ist bewusst. 52 Irma schreibt an die Tafel in Karlos Büro: „Karlo ≠ Walhaifutter Karlo = 53 Karlo trägt weiße Hemden und schwarze Anzüge und fährt jeden Tag mit dem 1er zur Prater Hauptallee, hat aber noch nie die Ziellinie gesehen. 54 “Aufgrund eines technischen Problems können wir leider nicht fortfahren. Steigen Sie bitte alle aus!“ Carlo steht zwischen zwei Stationen auf der Straße. 55 Irma führt eine Liste mit dem Titel „Dinge, die wir nie gemacht haben und warum“ und macht einen Song daraus.
MUSIK
Der Songtext-Soundtrack:
DMAs – Silber Junge – New York Alex The Astronaut – Ich finde dich großartig
Valeria hat noch nie Texte geschrieben, aber Musik ist ihr sehr wichtig. “Ich bin nicht der Typ, der den ganzen Tag Musik hört.” Denn oft mag sie einfach die Stille. „Aber dann brauche ich Musik für die wichtigen Momente. Ich brauche Musik, wenn es mir nicht gut geht. Ich brauche Musik, wenn es mir richtig gut geht.“ Als er herausfand, dass er auf der langen Liste stand, schaltete er sofort ein Lied ein und tanzte dazu.
Jury
Die Jury war sofort beeindruckt von diesen Kurzdramen. “Ein Text, der die Kunst des Weglassens demonstriert.” “Ein sehr intelligent geschriebener Text.” „Ganz in der Nähe. Sehr schön.“ “Die Verschärfung hat mich überzeugt.” „Was für eine Geschichte von Mangel und Liebe, Verlust und Angst und Mut und Ausreden. In nur 99 Sätzen – ein kraftvolles Stück.“ “Und doch ist es so einfach und so zugänglich.” “Sehr empfehlenswert.” Valeria ist von den Kommentaren der Jury bewegt. Von der Schreibakademie kennt er Peer Reviews aus dem Praxiskontext. Noch mehr beeindruckt zeigte er sich jedoch von der Jury, die alle Texte anonym erhielt: „Ich muss sagen, dass ich ein großer Fan des Textes ‚Chemie’ von Luca Manuel Kieser, dem Vorjahressieger, bin. Deshalb bin ich sehr glücklich.” Einer scheint erfolgreich mit Fischen zu schwimmen. Während Luca Manuel Kieser über einen Tintenfisch schrieb, handelt es sich bei Valeria um einen Walhai. Der Hai und der Bau eines Segelboots stehen für die Träume der Menschen. „Sie sind austauschbar. Das ist für Carlo, aber für andere Leute ist das etwas ganz anderes. Etwas, das man immer vorhat, aber irgendwie nie tut.”
Endlich formuliert…
Valeria hat zum fünften Mal einen Text bei Wortlaut eingereicht und freut sich über eine Entwicklung dort. „Ich habe zwei Nachrichten geschickt, sie waren sehr schlecht und es kam nichts dabei heraus. Nach dem dritten Text habe ich ihn nachträglich überarbeitet, woanders hingeschickt, dort einen dritten Platz gemacht. Letztes Jahr war ich auf der Wortlaut-Longlist und jetzt bin ich Zweiter. Und ich bin sehr froh, dass ich dabei geblieben bin, muss ich sagen.”
… endlich leben
Außerdem freuen wir uns auf die Lesung von Valeria Anna Lampert – bei der Buchvorstellung am Freitag, 18. November ab 19 Uhr. im Literaturhaus Wien (Zieglergasse 26a, 1070 Wien). Der Eintritt ist frei. Die Buchvorstellung ist auch als Live-Stream aus dem Literaturhaus verfügbar. Die drei besten Texte werden von den Autoren gelesen. Die anderen sieben Autoren erhalten ihre Preise. Danach kann es losgehen… WERBUNG Auszug aus dem Siegertext wird im STANDARD veröffentlicht.
Valeria Anna Lampert gewinnt
750 Euro Veröffentlichung im Rezepturbuch, das im November im Luftschacht Verlag erscheint Buchgutscheine im Wert von jeweils 100,- Euro, bereitgestellt von der österreichischen Online-Buchhandlung morawa.at Die STANDARD Tasche für Leckereien Ein Jahresabonnement der Literaturzeitschrift Volltext Die Goodies der Saison FM4 Und das Beste – der Text steht natürlich auch im von Luftschacht zu veröffentlichenden Textbuch.