SP-Landesrat Daniel Jositsch fühlt sich diskriminiert, weil die Parteispitze nur Frauen als Nachfolgerinnen von Bundesrätin Sommaruga will. Basel, November 2004. Die SP-Politikerin Eva Herzog (43) wird in den Basler Regierungsrat gewählt. Journalistenfrage: „Sie sind Mutter von zwei kleinen Kindern. Wie werden Sie sich jetzt organisieren?’ Basel, August 2010. Regierungsrätin Herzog gibt ihre Kandidatur für den Bundesrat bekannt. Frage des Reporters: „Sie haben zwei kleine Kinder. Hätten Sie als Bundesrat noch Zeit für sie?» Bern, November 2022. Ständerat Herzog kandidiert erneut für den Bundesrat. Journalistenfrage: „Sie sind 60 Jahre alt. Wie lange wollen Sie im Bundesrat bleiben?» Eva Herzog wurde am nächsten Tag gefragt, ob sie solche Fragen stören. „Immer das Gleiche“, antwortet der Kandidat. „Erst sind die Frauen sehr jung und unerfahren, dann haben sie Kinder und es geht nicht und schließlich sind sie sehr alt. Männer werden in diesen Dingen anders beurteilt als Frauen.” Unterschiedliche Maßstäbe für Männer und Frauen: Damit sieht sich Herzog seit ihrer Kandidatur für den Regierungsrat von Basel-Stadt im Jahr 2004 konfrontiert. Damals waren ihre beiden kleinen Kinder Gegenstand aller Interviews. Anders verhält es sich mit ihren männlichen Kollegen.

Als Mutter unter Generalverdacht

Der promovierte Historiker schaffte es trotzdem in den Regierungsrat. Aber er stand unter Beobachtung. Dass sie als Mutter ein hohes Amt bekleidete, erzeugte Druck. Wie haben Sie darauf reagiert? “Als Regierungsberater habe ich versucht, meine Kinder nicht an mich heranzulassen”, erinnert sich Herzog heute. Dass die Regierungssitzungen immer frühmorgens stattfanden, machte die Sache nicht einfacher. “Ich würde es nie wagen zu fragen, ob wir das Treffen verschieben könnten”, sagt er. “Ich wollte nicht im Weg sein.” Welche Chance hätte ein Romant? Elisabeth Baume-Schneider hat am Freitag als vierte Politikerin ihre Kandidatur für den Bundesrat bekanntgegeben – nach Eva Herzog, Evi Allemann und Daniel Jositsch. Der Ständerat stammt aus dem Jura und damit aus der Westschweiz. Doch wie stehen die Chancen, dass die Bundesversammlung eine dritte Romantikerin oder eine vierte Latina in den Bundesrat wählt? Im städtischen Lager gibt es Stimmen dafür und dagegen. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi spricht sich gegen die Wahl einer Westschweizerin aus. Andere SVP-Mitglieder wie Nationalrat Michael Graber sehen darin kein Problem. Auch FDP und Mitte sind in der Frage gespalten. Ein französischer Kandidat wäre nicht ganz chancenlos. Elisabeth Baume-Schneider hat am Freitag als vierte Politikerin ihre Kandidatur für den Bundesrat bekanntgegeben – nach Eva Herzog, Evi Allemann und Daniel Jositsch. Der Ständerat stammt aus dem Jura und damit aus der Westschweiz. Doch wie stehen die Chancen, dass die Bundesversammlung eine dritte Romantikerin oder eine vierte Latina in den Bundesrat wählt? Im städtischen Lager gibt es Stimmen dafür und dagegen. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi spricht sich gegen die Wahl einer Westschweizerin aus. Andere SVP-Mitglieder wie Nationalrat Michael Graber sehen darin kein Problem. Auch FDP und Mitte sind in der Frage gespalten. Ein französischer Kandidat wäre nicht ganz chancenlos. Es ist fast 20 Jahre her, dass Herzog als Regierungsberater nominiert wurde. Am vergangenen Mittwoch hatte die Berner SP-Regierungsrätin Evi Allemann (44) ihre Kandidatur bekannt gegeben. Journalistenfrage: „Ihre Kinder sind sieben und zwölf Jahre alt, Sie leben nicht mehr bei Ihrem Vater. Würdest du sie alle versöhnen?’ SP-Landesrat Daniel Jositsch (57) beschäftigt derweil ganz andere Fragen. Der Zürcher Rechtsprofessor will auch Bundesrat werden. Er sagt: “Ich würde es gut machen.” Dass die SP-Fraktionsführung nur Frauen als Nachfolgerinnen von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) ernennen will, findet er «voreingenommen». Das erinnert an den damaligen SP-Ständerat Jean Studer (65), der 2002 unbedingt die Nachfolge von SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss (82) antreten wollte – mit der Begründung, dass Männer nicht dauerhaft von Wahlen ausgeschlossen werden könnten der Bundesrat. .

Niemand fragt Jositsch

Was Jositsch im Gegensatz zu seinen Parteikollegen kein Thema ist: sein Alter (er ist drei Jahre jünger als Herzog) und seine Familie (er ist Vater eines Sohnes). Auch sein Mangel an Führungserfahrung ist unerheblich. Stattdessen wird regelmäßig auf seinen weiten „Rucksack“ verwiesen. Wobei sie nur knapp über der von Eva Herzog, Evi Allemann und Elisabeth Baume-Schneider (58) liegt: Die drei Kandidaten verfügen nicht nur über langjährige Parlaments-, sondern auch über Regierungserfahrung. Seinen Vorwurf, als Mann diskriminiert worden zu sein, begründet Daniel Jositsch allerdings mit seinen Fähigkeiten. Er fordert: „Fähigkeiten müssen entscheidend sein.“ Unterstützt wird der SP-Mann von bürgerlichen Kollegen. SVP-Präsident Marco Chiesa (48) teilte Jositschs Meinung gegenüber SRF «Arena»: «Das ist Geschlechterpolitik, das ist Ideologiepolitik.» FDP-Landesrat Josef Dittli (65) findet: «Es geht nicht mehr viel um Gleichberechtigung.» Daniel Jositsch rückte die Biologie ins Zentrum der politischen Debatte – und wehrte den Diskriminierungsvorwurf ab. Frauen werden weiterhin gefragt, ob sie als Mütter führen könnten. Aber jetzt klagen Männer darüber, wegen ihres Geschlechts diskriminiert zu werden. Ironie der Geschichte: In einem Leserbrief aus dem Jahr 2000 sprach sich Jositsch sogar für Geschlechterquoten aus. Auch für das männliche Geschlecht hat es Vorteile. „Nach Festlegung der Quote kandidieren wir mit gutem Gewissen und ohne Gefahr, zum ‚Lady Killer‘ zu werden, für die uns zur Verfügung stehenden Ämter, und das sind mindestens 50 Prozent.“ Mit dem Argument, Männer würden durch ein reines Frauenticket benachteiligt, kann Eva Herzog nichts anfangen. Es ist nur so, dass sich Büros in Verwaltungsfunktionen nicht wie durch ein Wunder vermehren. „Durch den Aufstieg der Frauen haben die Männer weniger Platz“, sagt Herzog. “Es fällt mir schwer, diesen Unterschied zu benennen.” Der Bundesratskandidat verortet Diskriminierung an einem ganz anderen Ort: Die Familie sei immer noch ein reines Frauenthema. “Es ist, als wollten sie uns mit irgendwelchen Argumenten von diesen Ämtern fernhalten.”

Strategische Dummheit

Inzwischen haben einige im Parlament die Geschlechterkontroverse satt. „Das nervt“, sagt ein bürgerlicher Abgeordneter. Es war strategisch dumm von Seiten der SP-Führung, Männer von vornherein auszuschließen. “Die Sozialdemokraten haben sehr gute Frauen, das alles wäre nicht nötig.” Statt um Inhalte dreht sich nun alles um den Nachwuchs und das Alter der Kandidaten. Bleibt die Frage, ob die SP-Führung nicht ebenso heftig kritisiert worden wäre, wenn sie kein Frauenticket vorgeschlagen hätte. Der Vorwurf, dass wir Gleichberechtigung nicht ernst nehmen, ließ nicht lange auf sich warten. Sicher ist jedoch, dass diverse SP-Frauen genug davon haben. “Ich habe genug”, sagt einer von ihnen hinter verschlossenen Türen. Als Regierungsberaterin erlebte Eva Herzog, wie frischgebackene Väter ganz selbstverständlich fragen würden: „Können wir ein Viertel später anfangen, damit ich die Kinder in die Kita bringen kann?“ Als er das hörte, musste er leer schlucken, sagt er. “Dann habe ich mir gesagt: Na, da sind wir einen Schritt voraus!”