Zwei Tage vor Ende seiner Amtszeit zeichnet die Zeugenaussage im Korruptionsprozess gegen OB Feldmann ein kurioses Bild vom Verhalten der Frankfurter AWO. Sie beweisen nicht den Einfluss des Bürgermeisters.
Von Danijel Majic Videobeitrag Video 01:42 Minuten | 9. November 2022, 19:30 Uhr | Hessenschau
AWO-Mitarbeiter sagt im Feldmann-Prozess aus
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Drei Tage nach der Abstimmung lacht der immer noch Frankfurter Oberbürgermeister. „Der heutige Prozess ist sehr gut verlaufen“, sagt Peter Feldmann (SPD), kurz nachdem er am Mittwoch den Gerichtssaal verlassen hat. “Manchmal wünscht man sich, es gäbe eine Abstimmung vier Tage später.”
Ob die Äußerungen an diesem – dann – dritten Verhandlungstag tatsächlich etwas an dem unumstrittenen Votum der Frankfurter Bevölkerung ändern würden, bleibt abzuwarten. In dem derzeit gegen Feldmann vor dem Landgericht Frankfurt geführten Korruptionsverfahren könnten sie aber entscheidend sein. Sie konnten Feldmans Büro nicht retten, aber vielleicht seinen Ruf.
Profitable Entsendung durch gute Kontakte
Feldmann muss sich nach wie vor zu dem Vorwurf verantworten, er habe mindestens zweimal Sozialleistungen angenommen, beide im Zusammenhang mit dem sogenannten AWO-Fall – einem millionenschweren Skandal um überhöhte Löhne, Scheinjobs und möglicherweise illegale Immobiliengeschäfte. Feldmann pflegte gute Kontakte zu den beiden betroffenen Landesverbänden in Frankfurt und Wiesbaden und insbesondere zu den Geschäftsführern Hannelore und Jürgen Richter. Einer der Vorwürfe gegen Feldmann: Seine inzwischen von ihm getrennte Ehefrau Zübeyde T. soll 2015 von der Frankfurter Arbeiterwohlfahrt zu äußerst fetten Konditionen als Leiterin einer deutsch-türkischen Kindertagesstätte angestellt worden sein. Center. Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass Zübeyde T. diese Position allein ihrer Beziehung zu Feldmann verdankt.
Hohes Einstiegsgehalt ohne Berufserfahrung
Tatsächlich deutet die Aussage von Cornelia Held, Leiterin des Fachbereichs Kitas bei der AWO Frankfurt, darauf hin, dass Zübeyde T. auf Drängen der Richters Stellung bezogen hat. Held war damals auch für Personalangelegenheiten zuständig. 2013 erzählte ihr Peter Feldmann erstmals von der Idee eines deutsch-türkischen Kindergartens in Frankfurt. Als dieses Projekt später Gestalt annahm, machte AWO Wiesbaden-Chefin Hannelore Richter deutlich, dass da schon jemand die Geschäftsführung im Auge hatte. Es war Zübeyde T. “Ich habe mir damals ein oder zwei scharfe Bemerkungen über ihre Qualifikationen erlaubt”, erinnerte sich Held am Mittwoch im Zeugenstand. Bei ihrem ersten Kennenlernen im Mai 2015 verfügte Zübeyde T. weder über die formale Qualifikation für die Stelle noch über ausreichende Berufserfahrung. Aber innerhalb der AWO wurde ihr klar gesagt, dass der Job “ein klarer Auftrag” der Geschäftsleitung sei. Daraufhin habe er die knappe Berufserfahrung von Zübeyde T. „großzügig“ ausgelegt und sie damit in die Gehaltsstufe 2 befördert, so Held. Diese Entscheidung wurde anschließend vom Management ohne deren Wissen revidiert. Zübeyde T. bekam schließlich ein noch höheres Gehalt und einen Firmenwagen.
Kein Einfluss von Feldmann
Inzwischen ist bekannt, dass die AWO großzügig Stiftungsstellen im Rhein-Main-Gebiet vergeben hat. Dass einer von ihnen an die Lebensgefährtin und spätere Ehefrau des jetzigen Bürgermeisters ging, die selbst eng mit der AWO verbunden ist, lässt auf eine Begnadigung schließen. Held berichtet aber auch, dass Zübeyde T. 2020 nach der Rückkehr aus der Elternzeit offen über die Entstehung ihrer Arbeit gesprochen habe. Demnach habe Zübeyde T. beim Abendessen mit Feldmann und den Richters erwähnt, dass sie Erziehungswissenschaften studiere. Hannelore Richter sagte damals: “Da haben wir unsere Linie.” Zübeyde T. habe zunächst eine Freundin vorgeschlagen, Richter habe davon aber nichts wissen wollen, sagte die Zeugin vor dem Amtsgericht. Stattdessen wurde ihr ein Einstiegsgehalt von 4.300 bis 4.500 Euro zugesagt. Auf dem Heimweg soll Feldmann gesagt haben, als Held von ihrem Gespräch mit T. erzählt: „Sie haben Eindruck gemacht. Sie hat es nicht wegen mir getan. Sie mag mich nicht.“
Stillschweigende Zustimmung?
Es ist eine aufschlussreiche Geschichte, die jedoch einige Parallelen zu Feldmanns Aussage am zweiten Prozesstag aufweist. Auch Held bestätigt, dass die Beziehung zwischen Feldmann und Zübeyde T. lange Zeit nicht als solche offensichtlich gewesen sei. Eine direkte Einflussnahme Feldmanns zugunsten seiner späteren Ehefrau lässt sich aus dem bisherigen Prozessverlauf jedenfalls nicht nachweisen. Am Mittwoch soll die ehemalige Frankfurter Sozialdezernentin Daniela Birkenfeld (CDU) Auskunft darüber geben, ob sich Feldmann der AWO mit politischen Gefälligkeiten revanchiert hat. Die Staatsanwaltschaft wirft AWO-Mitarbeitern vor, im Bürgermeisterwahlkampf 2018 Spenden für Feldmann gesammelt zu haben. Im Gegenzug soll es eine „stillschweigende Vereinbarung“ gegeben haben, dass der wiedergewählte Bürgermeister die Interessen der AWO vertrete. Audio-Beitrag Ton 03:00 Minuten | 22.11.09 |Volker Siefert
Birkenfeld zum Gespräch mit Feldmann über AWO
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Gespräch in der Pause
Staatsanwälte wittern möglichen Einfluss auf die Flüchtlingsunterbringung der AWO in Frankfurt. Ende Mai 2018 war die Stadt unzufrieden mit der Arbeit des Sozialvereins und wollte die Partnerschaft beenden. Die Division Birkenfeld verhandelte über die Beendigung der entsprechenden Verträge. Während dieser Zeit bat der Bürgermeister sie um ein Interview. “Ich war mir sicher, dass es Flüchtlinge waren”, erinnert sich Birkenfeld. Das war damals das dominierende Thema. Dann fand die Diskussion in der Pause des Stücks statt. Feldman fragte nach den Problemen. „AWO war immer ein guter Vertragspartner. Feldmann wird zitiert. Birkenfeld bestätigt, dass auch sie den Eindruck hatte, dass Feldmann eine enge Beziehung zur AWO und zum Ehepaar Richter pflegte. „Ich bin grundsätzlich davon ausgegangen, dass es einen regelmäßigen Austausch zwischen den Richtern und dem Oberbürgermeister gibt“, sagt Birkenfeld. Einen unmittelbaren Einfluss des Oberbürgermeisters auf politische Entscheidungen zugunsten der AWO kann er jedoch nicht bestätigen – schon allein deshalb, weil der Oberbürgermeister nicht weisungsbefugt war. Audio-Beitrag Ton 00:55 Min. | 22.11.09 |Heike Borufka
Beweise beginnen in Feldmans Korruptionsprozess
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Der Verteidiger tritt zurück
Die Vorwürfe gegen Feldmann sind nicht unbedingt entkräftet. Aber aus Sicht des Angeklagten und seiner Verteidigung geht der Prozess in die richtige Richtung. Nachdem Feldmann am zweiten Verhandlungstag mit seiner eigenen Aussage und seiner Aussage über seine Tochter die Sympathie der Wähler verloren hat, scheint zumindest die Strategie der Strafjustiz aufzugehen. Eine Person betrachtet diese Wendung jedoch nicht mehr – zumindest nicht als Teil des Prozesses. Der prominente Frankfurter Strafverteidiger Ulrich Endres ist vor Beginn des dritten Verhandlungstages als Verteidiger zurückgetreten.
Thema Peter Feldman
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Ausstrahlung: hr-fernsehen, Hessenschau, 9. November 2022, 19:30 Uhr
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Update hessenschau – der Newsletter für Hessen Ende des Formulars Gepostet am 09.11.22 um 09:26 Quelle: hessenschau.de, Heike Borufka, Volker Siefert, Frank Angermund, dpa/lhe