Stand: 15.11.2022 15:27 Uhr
Bei der Bundeswehr ist ein Soldat bei einer Sicherheitskontrolle durchgefallen. Nach SWR-Recherchen wurde es jedoch auf internationale Beobachtermissionen geschickt. Laut einem Sicherheitsexperten gibt es systemische Probleme. Von Jan-Philipp Hein, SWR
Die Überzeugung von Sergey E. ist klar: Russland führt aus Sicht des 43-Jährigen nicht Krieg gegen die Ukraine, sondern gegen die USA. Im Westen propagieren die Medien als verlängerter Arm der Regierung gegen Wladimir Putin. Wer anderer Meinung ist, hat es mit einem „repressiven System“ zu tun.
So empfindet E., der Mitglied der AfD ist, die SWR-Ermittlungen zu seiner Person. Es begann nach einem Tipp: Das Auswärtige Amt hatte E. Ende Oktober abrupt von der EU-Beobachtermission in Georgien abgezogen. In dem 2008 von Russland überfallenen und destabilisierten Land musste E. als “Operations Officer” überwachen, ob der Waffenstillstand eingehalten wurde. Die Berichte der EU-Beobachter sind strikt neutral zu halten. EUMM (Überwachungsmission der Europäischen Union) Die EU-Mission in Georgien hat ihre Arbeit am 1. Oktober 2008 mit mehr als 200 unbewaffneten Beobachtern aufgenommen. Es überwacht die Umsetzung der von der EU vermittelten Abkommen vom 12. August und 8. September 2008 zwischen Russland und Georgien. Dazu gehörte vor allem zu Beginn die Normalisierung und Stabilisierung der Situation. Es ist auch die Pflicht der EUMM, zur Vertrauensbildung zwischen Kriegsparteien beizutragen und objektive Informationen bereitzustellen. Russland, Südossetien und Abchasien weigern sich jedoch, der Mission zu erlauben, in den abtrünnigen Regionen zu patrouillieren. Der erste Leiter der Mission war der deutsche Diplomat Hansjörg Haber. Deutschland stellte zunächst 48 Mitarbeiter und das Budget der Mission betrug 49,6 Millionen Euro.
Unvollständige und widersprüchliche Informationen
Warum hat die Bundesrepublik Deutschland einen Putin-Anhänger und Anti-Europäer in ein von Russland überfallenes Land geschickt? Arbeitgeber des deutschen Personals der EU-Mission in Georgien ist das Zentrum für Internationale Friedenseinsätze (ZIF), das die Bundesregierung Anfang des Jahrtausends als gemeinnützige Organisation gegründet hat. Es ist die Auswahl und Ausbildung von Personal für internationale Missionen.
Hinter den Kulissen zeigt sich beim ZIF Reue: Der Mann soll tatsächlich ausgerutscht sein. Offiziell heißt es: „ZIF waren Äußerungen dieser Art zum Zeitpunkt des Einsatzes nicht bekannt. Das Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten erhielt im Oktober 2022 erste konkrete Hinweise und es wurden Maßnahmen ergriffen, um seinen Einsatz in Georgien zu beenden.“
Nach Informationen des SWR hatte sich das Bundesinnenministerium Ende Oktober beim ZIF gemeldet und davor gewarnt, dass der Mann aus Berlin das Screening-Verfahren nicht überstehen werde. Sergejs Aussagen waren unvollständig und widersprüchlich. In verschiedenen sozialen Medien, darunter Facebook und das russische Pendant VKontakte, hatte sich E. immer wieder auf die Seite Russlands gestellt. Vor acht Jahren kommentierte E. die russische Aggression in der Ostukraine ironisch: “Die russischen Aggressoren sind so grausam, dass sogar die Zivilbevölkerung des Opferstaates zu Hunderttausenden beim Aggressor Zuflucht sucht.”
Bestellung aus Georgien
Ob E. seine Position in Georgien beschädigt oder Insiderinformationen weitergegeben hat, ist unklar. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass EU-Missionsbeamte ihre Tätigkeit dort aufnehmen können, bevor ihre Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen ist. Bis dahin erhielten sie „eingeschränkten Zugang zu Verschlusssachen, also Geheimhaltung bis ‚EU RESTRICTED‘, was in Deutschland ‚VS – For Official Use Only‘ entspricht“.
E. verbrachte nicht viel Zeit in Georgien. Wenige Wochen nach Arbeitsantritt in der westgeorgischen Stadt Zugdidi holte ihn das Auswärtige Amt zurück. Ihm obliegt die Kontrolle der deutschen Mitarbeiter.
Die EU-Kommission ist geschlossen. Einzelfälle würden grundsätzlich nicht kommentiert, sagte die außen- und sicherheitspolitische Sprecherin Paloma Hall Caballero. Man könnte jedoch sagen, dass es keine Beweise für eine russische Unterwanderung der EU-Mission gibt.
Wird auch in der Ostukraine verwendet
Es war nicht seine einzige Aufgabe: Von 2015 bis 2020 war er als „Monitoring Officer“ für die Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) im Kriegsgebiet in der Ostukraine tätig. Etwa 14.000 Menschen wurden dort getötet, bevor Russland am 24. Februar in die gesamte Ukraine einmarschierte.
Nach SWR-Informationen wurde E., der gelernter Soldat ist, im Juli 2020 zur Bundeswehr versetzt. Auch dort schlug eine Sicherheitsüberprüfung fehl. 2021 konnte er jedoch zur OSZE zurückkehren, diesmal in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Es blieb dort bis zur russischen Invasion im Februar. Die OSZE hat damals ihre Mission ausgesetzt.
Nach Angaben des Außenministeriums war für diese Mission keine Sicherheitsüberprüfung erforderlich. Wie alle deutschen Mitarbeiter der Auslandsvertretung erhielt E. aus “geschäftlichen Gründen” einen Diplomatenpass. Er war jedoch nicht als Diplomat akkreditiert.
Der Spezialist sieht systemische Probleme
Der Fall E. sorgte beim SPD-Abgeordneten und Innenexperten Sebastian Fiedler für Entsetzen: „Wenn ein hochqualifizierter deutscher Soldat mit russischen Wurzeln, der in der rechtsextremen und pro-russischen AfD ist und eindeutig Putin fühlt, für die deutschen Behörden arbeitet Sicherheit oder europäische Institutionen, es ist, als ob die Polizei einen Mafia-Boss anstellt.”
Der frühere Präsident des Verbandes Deutscher Kriminalbeamter sieht systembedingte Probleme, da E. seine Überprüfung bei der Bundeswehr nicht überstand: „Wenn die deutschen Sicherheitsbehörden solche Informationen haben, müssen sie natürlich so geteilt werden, dass es eine gibt Risiko. sie werden umgehend beseitigt und gegebenenfalls Ermittlungen eingeleitet.“
Insbesondere deutsche und europäische Geheimdienste haben derzeit „einen…