11.11.2022 5:53 Uhr
Beim Bürgergeld beschließt der Bundestag einen höheren Regelsatz, mehr Absicherungen und weniger Strafen für Leistungsberechtigte. CSU-Chef Söder hält das für nicht akzeptabel und kündigt an, das Vorhaben im Bundesrat zu blockieren. Die Sozialunion warnt davor, dass eine Verzögerung für die sieben Millionen Betroffenen verheerend wäre.
Nach dem Bundestagsbeschluss über ein neues Bürgergeld geht der Streit um das Ampel-Kooperationsprojekt weiter. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder drohte mit Blockade des Gesetzes im Bundesrat und unterstrich damit die Position der Union: „Das Bürgereinkommen kann im Bundesrat nicht genehmigt werden“, sagte der CSU-Vorsitzende den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dagegen äußerten der Sozialverband VdK und der Beauftragte der Bundesregierung für Osteuropa Unverständnis über einen möglichen Ausschluss.
Zur Begründung sagte Söder: „Das Grundeinkommen trifft einkommensschwache Gruppen, die hart arbeiten müssen: Kassierer, Friseure, Busfahrer, Polizisten, die jeden Tag versuchen, über die Runden zu kommen – und am Ende feststellen müssen, dass sie es sind arbeiten nicht annähernd so lukrativ wie Labour. Es ist unfair“, sagte er. Als der Bundestag im Sommer der Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro zustimmte, enthielt sich die Unionsfraktion der Stimme.
Der Bundestag hat am Donnerstag mit einer Mehrheit von SPD, Grünen und FDP das von der Ampelkoalition geplante Bürgergeld auf den Weg gebracht. Insbesondere hatte die Union das Gesetz zuvor kategorisch abgelehnt, weil es dann keinen nennenswerten Einkommensunterschied zwischen Menschen mit Grundeinkommen und Geringverdienern gäbe. Auf Seiten der Union verringert es auch die Anreize, eine Arbeit anzunehmen.
Ampelpläne für das Bürgereinkommen sehen vor, den Regelsatz von derzeit 449 Euro für Singles auf 502 Euro anzuheben. Arbeitslose sollen künftig auch weniger durch drohenden Leistungsentzug belastet und mit Weiterbildungsmaßnahmen stärker unterstützt werden. Zudem müssen die Anforderungen an die zulässige Vermögenshöhe und die Wohnungsgröße für Leistungsempfänger gelockert werden.
Die Sozialunion befürchtet weitere Verzögerungen
CDU und CSU hatten vorgeschlagen, die Erhöhung zu unterstützen, sie aber aus dem Bürgereinkommensgesetz zu streichen, damit sie als eigenständige Maßnahme zum 1. Januar in Kraft tritt. Die Ampel weigert sich. Söder wirbt erneut für eine Gesetzesspaltung: „Dann könnten bereits höhere Regelzinsen beschlossen werden“, sagte er. “Es ist unverständlich, dass die Ampel darauf geschlossen ist.” Die Präsidentin des VdK-Sozialvereins, Verena Bendele, warnte vor einer weiteren Verzögerung. „Es wäre erbärmlich, wenn die Einführung des Bürgereinkommens im Bundesrat weiter verzögert oder gar gestoppt würde“, sagte er der Rheinischen Post. Bentele wies darauf hin, dass es wegen des geplanten Bürgergeldes keine weiteren Anpassungen der Hartz-IV-Regelsätze gegeben habe. Sieben Millionen Menschen mit minimaler Sozialhilfe werden nicht wissen, was sie tun sollen, es wäre “unmenschlich”, sie noch länger warten zu lassen, sagte er. “Das Einkommen der Bürger sollte wie geplant am 1. Januar kommen.” Der Beauftragte der Bundesregierung für die DDR, Carsten Schneider, warf der Union vor, “die Geringverdiener gegen die Armen und Leistungsempfänger auszuspielen”. Viele Menschen in Ostdeutschland würden seiner Meinung nach besonders von den neuen Regelungen zum Bürgereinkommen profitieren. „Das ist ein unverantwortliches Taktikspiel auf dem Rücken vieler Menschen in der DDR“, sagte er der Rheinischen Post mit Blick auf die Union. Für viele Langzeitarbeitslose in Ostdeutschland bilde das Bürgereinkommen „eine stabile Brücke in die Arbeitswelt“.