Selbstversorgergemeinden: Selbstversorger und spirituell – die Bewegung will in der Schweiz eigene Dörfer gründen
Die Bewegung “Neues Dorf” plant in der Schweiz autarke Gemeinden. Die Vision stammt von einem umstrittenen Universitätsprofessor aus Deutschland. Tel Tim Hag Monira Djordjević 1/3 „Das Neue Dorf“ ist laut dem Religions- und Sektenexperten Georg Otto Schmid eine Bewegung, die neue Formen des Zusammenlebens kultiviert. Symbolbild) Getty Images „Interessierte wollen weg von Meritokratie und Materialismus und von Biolandbau und traditionellem Handwerk leben“, sagt Schmid. (virtuelles Bild) Getty Images/Bildquelle Eine bestehende Dorfgemeinschaft existiert noch nicht. Gemäss der Website der Bewegung entsteht derzeit jedoch in der Surselva das erste natürliche «neue Dorf» der Schweiz. (virtuelles Bild) Getty Images
Darum geht es
Die Bewegung „Neues Dorf“ hält regelmäßig Vorträge zu Themen wie traditionelles Handwerk, ökologisches Bauen, Selbstversorgung und Spiritualität. Auch in der Schweiz sind nun autarke Dörfer in Planung, die den Bewohnern alles bieten sollen, was sie zum Leben brauchen.
Sie wollen eine neue Form des Zusammenlebens pflegen und autark leben: In der Schweiz ist bereits die fünfte neue Dorfgruppe entstanden. 2020 wurden zwei in der Region Bern gegründet, einer in Winterthur und einer im Toggenburg. Dieses Jahr kam das Team Nordwestschweiz hinzu. „Wir übernehmen die volle Verantwortung für unser Handeln, unser Leben, unsere Existenz. Wir sind diejenigen, auf die wir gewartet haben“, heißt es auf der Website der Neo-Chorio-Bewegung.
Vorträge und Workshops, die regelmäßig von der Bewegung organisiert werden, konzentrieren sich auf Themen wie traditionelles Handwerk, ökologisches Bauen, altes Naturwissen, Selbstversorgung, neue Gemeinschaften und Ökodörfer sowie Spiritualität und Mediation.
Eine bestehende Dorfgemeinschaft existiert noch nicht. In der Surselva entsteht laut Website aber derzeit das erste naturbelassene «Neue Dorf» der Schweiz. Das Dorf soll den Bewohnern alles bieten, was sie zum Leben brauchen, darunter Wohnungen, Geschäfte, Gemeinschaftsräume und Schulen.
In der Gruppe Bern gibt es auch Untergruppen und Personen, die eine neue Dorfgemeinschaft im Raum Bern gründen wollen oder bereits gegründet haben. Bei den monatlichen Treffen der Gruppe werden unter anderem Ideen für eine gemeinsame Zukunft diskutiert.
Die Vision stammt von dem umstrittenen Universitätsprofessor
Die Community ist inspiriert von der Vision von Ralf Otterpohl, wie es auf der Website heißt. Der Hamburger Universitätsprofessor veröffentlichte das Buch „Neues Dorf für neue Erde“. „Die gute Zukunft entsteht auf dem Land. Im neuen Dorf lebt man in der Natur, mit Gärtnern, einem Büro und Heilwerken. Lokale Produktion schafft Souveränität und Freiheit“, heißt es unter anderem in dem Buch. Laut deutschen Medienberichten gilt Otterpohl als Klimawandelleugner und Verschwörungstheoretiker und ist umstritten. Außerdem soll er die Nähe zur Anastasia-Bewegung pflegen. Das berichtet auch das Rechercheportal „Farbe und Beton“. Die Anastasia-Bewegung ist Experten zufolge eine rechte Bewegung, die den modernen und demokratischen Staatsbegriff ablehnt. Otterpohl distanziert sich von antisemitischen und extremistischen Einstellungen einiger Mitglieder. Einträge auf der Website weisen darauf hin, dass ein direkter Kontakt zwischen der Schweizerischen New Village-Bewegung und Otterpohl besteht. Bei einer „ausgiebigen Tour durch die Schweiz“ hatten die Mitglieder „das Vergnügen, ihn live in Workshops zu erleben, sein Wissen aufzunehmen und inspirierende Ideen und Konzepte mit ihm auszutauschen“.
„Stakeholder wollen der Meritokratie entkommen“
Die Größe der Bewegung ist laut Religions- und Sektenexperte Georg Otto Schmid schwer zu beantworten. Solche alternativen Gesellschaften sind oft locker organisiert. Im Grunde sei „The New Village“ eine Bewegung, die neue Formen des Zusammenlebens kultiviere: „Stakeholder wollen Leistungsgesellschaft und Materialismus entkommen und von Bio-Landwirtschaft und traditionellem Handwerk leben.“ Man dürfe laut Schmid nicht sofort auf eine Siedlerbewegung wie die Anastasia-Bewegung schließen, nur weil es Ähnlichkeiten im Lebensstil gebe. Er sagt aber auch: “Andererseits können aus solchen Formen des gemeinschaftlichen, abgekapselten Zusammenlebens schnell sektenhafte Dynamiken und Radikalisierungen entstehen.” Aus diesem Grund ist auch von in diesem Umfeld tätigen Verbänden zu erwarten, dass sie sich klar von staatsfeindlichen, antidiskriminierenden oder verschwörungstheoretikerischen Gruppierungen distanzieren. Nach einer 20-minütigen Anfrage wollten sich die Mitglieder der „New Village“-Bewegung nicht offiziell äußern. Werden Sie oder jemand, den Sie kennen, von einer Religionsgemeinschaft unter Druck gesetzt? Infosekta, Fachstelle für religiöse Angelegenheiten, Tel. 044 454 80 80 Relinfo, Evangelisches Informationszentrum Kirchen – Sekten – Religionen, Tel. 078 840 24 06 Eine Hand wird angeboten, Telefonleitung, Tel. 143 Pro Juventute, Kinder- und Jugendberatung, Tel. 147
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