In Bayern müssen sich Infizierte ab kommenden Mittwoch, 16. November, nicht mehr selbst isolieren. „Die Zeit ist reif, dass die Menschen mehr Eigenverantwortung übernehmen“, sagte Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Grundlage dafür ist eine „wissenschaftliche Begutachtung“ durch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und weitere Experten. Wer positiv auf das Coronavirus getestet wurde, darf künftig seine Wohnung verlassen. Aber dann musste er eine Maske tragen. Mehrere Bundesländer drängen seit langem darauf, die Zwangsisolation abzuschaffen, doch die Bundesregierung hörte nicht zu. Eine bundesweit einheitliche Neuregelung ist nicht entstanden. Da die Bundesländer für den Infektionsschutz in Deutschland zuständig sind, können sie darüber auch eigenständig entscheiden. Die Bundesregierung habe eine gemeinsame Lösung verweigert, monierte Holetschek: „Deshalb gehen wir angesichts der veränderten Pandemie-Lage jetzt diesen wichtigen Schritt für einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Coronavirus.“ Der Bundesgesundheitsminister sprach am Freitag von einem Irrtum und warnte vor einem „Durcheinander“ mit unterschiedlichen Isolationsregeln in den Bundesländern. „Es gibt auch keinen medizinischen Grund, jetzt auf die Isolationspflicht zu verzichten“, sagte Lauterbach. Wöchentlich gebe es rund 1.000 Covid-19-Tote, man stehe vor einer „potenziell schweren Winterwelle“ und stehe „am Vorabend einer ansteckenderen Variante“. Daher ist es nicht wirklich verantwortungsvoll, die Verpflichtung zur Isolierung aufzuheben. Insbesondere sollten Menschen nicht ermutigt werden, kontaminiert zur Arbeit zu kommen. Allerdings stimmte Lauterbach Anfang April auch zu, dass Menschen mit Covid-19 nicht mehr gezwungen werden, zu Hause zu bleiben. Dies wurde als Vereinbarung zwischen Bund und Ländern angekündigt, doch nur einen Tag später zog der Bundesminister die Entscheidung zurück – in einer Talkshow und via Twitter, sehr zum Leidwesen seiner Landeskollegen. Die Isolationspflicht blieb bestehen. Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) riet daraufhin den Ländern jedoch, die Empfehlung des Bundes zu ignorieren und zurückzunehmen: „Macht weiter, ihr habt alle Möglichkeiten!“ Dass nun vier von ihnen nachziehen, begrüßt CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge: „Ich gehe stark davon aus, dass viele Länder folgen werden, denn wir sehen, dass die gefürchtete Herbstwelle in dieser Form nicht kommen wird.“ Der Schritt der vier Bundesländer ist ein Paradigmenwechsel: Die Zwangsisolation, die nur fünf bis zehn Tage dauerte, ist seit Ausbruch des Coronavirus eine zentrale Säule der Pandemiebekämpfung. Lange mussten Kontaktpersonen von Infizierten isoliert werden, was als Quarantäne bezeichnet wird. Diese wurde jedoch bereits im Frühjahr abgeschafft.