Unter Führung von Staatspräsident Christoph Ploß soll nun auf neu formulierter Basis die Trendwende gelingen. Ploß, der sich für eine Großstadt oft als besonders konservativer Kurs erweist, will den Spagat wagen: Altwähler aus der SPD zurückholen und neue Gruppierungen mit zeitgemäßen Themen erschließen. Eine aktuelle Umfrage gibt ihm Auftrieb. WELT AM SONNTAG: Ihr neues Kernprogramm bringt einige CDU-Klassiker in neuem Format. Sehen Sie inhaltliche Überraschungen? Christoph Ploß: Das Wohl unserer Stadt und die Sicherheit der Bürger sind uns sehr wichtig. Die CDU unterstützt daher eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik und eine verlässliche und konsequente Innenpolitik. In unserem Kernprogramm legen wir jedoch einen starken Schwerpunkt auf Wissenschaftspolitik, denn wir sehen in vielen Regionen der Welt, dass der langfristige Erfolg einer Metropole eng damit verbunden ist, wie viel in Wissenschaft und Forschung investiert wird. Boston ist dafür ein Beispiel, aber auch in unserer Nachbarschaft zu sehen, zum Beispiel im Raum Kopenhagen/Malmö. Als CDU bekennen wir uns klar dazu, dass Hamburg mehr in die Forschung und vor allem in die Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft investieren muss, um neue Werte zu schaffen. Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: In zwei Jahren soll es in jedem Wahlprogramm mehr Geld für die Wissenschaft geben. Ploß: SPD und Grüne haben in den letzten Jahren sehr wenig getan, auch im Vergleich zu anderen Städten in Deutschland. Es ist also wichtig, dass Sie es ernst nehmen, weshalb es mit dieser Klarheit zu unserem Kernprogramm gehört. Ein weiterer Punkt, den wir vorantreiben wollen: Wenn das deutsche Gesundheitssystem noch mehr Patienten helfen und Krankheiten besiegen will, müssen wir die Potenziale der Digitalisierung insgesamt besser nutzen. Aktuelle Datenschutzregeln verhindern leider oft den Einsatz innovativer Lösungen, rechtzeitige Diagnosen durch Ärzte und die Ausschöpfung aller möglichen Behandlungsmethoden. Daher engagieren wir uns mit unserem neuen Leuchtturmprogramm auch für eine Datenschutzreform im Gesundheitswesen. Daten müssen zum Wohle von Ärzten und Patienten sicher und anonym weitergegeben werden. Lesen Sie auch Davon könnten in Hamburg beispielsweise Apotheken, das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf oder die Asklepios-Kliniken profitieren. Wissenschaftler an Forschungsinstituten in Hamburg könnten neue Medikamente gegen tödliche Krankheiten entwickeln. Mehr Datenschutzrealismus ist vor allem auch im Interesse der Patienten. Das ist deshalb so wichtig, weil viele Leben gerettet werden könnten, wenn Informationen wie Vorerkrankungen oder Allergien den Ärzten im Notfall digital zur Verfügung stünden. Ich fordere SPD und Grüne auf, eine notwendige Datenschutzreform nicht mehr zu blockieren! WELT AM SONNTAG: Klimapolitik ist eng mit wissenschaftlichen Fragestellungen verknüpft. Worauf setzen Sie hier? Ploß: Wir wollen Umwelt- und Klimaschutz nicht durch Verbote, Bevormundung oder noch mehr Bevormundung erreichen, sondern vor allem durch eine soziale Marktwirtschaft, neue Technologien und Innovationen. Um ein Beispiel zu nennen: Wir wollen künftig klimaneutral fliegen, indem wir zum Beispiel in klimaneutrale Treibstoffe wie E-Fuels investieren. Gerade für den Luftfahrtstandort Hamburg ist das ein sehr, sehr wichtiges Thema. Schließlich hängen tausende Jobs davon ab. Mit dem Hamburger CDU-Ansatz können wir nicht nur unsere Klimaschutzziele erreichen, sondern unsere Innovationen und Technologien auch in andere Länder exportieren. Einerseits können wir hier Arbeitsplätze schaffen und andererseits einen Beitrag zum weltweiten Kampf gegen den Klimawandel leisten. Mit nationaler Anstrengung allein und einer Verbotskultur werden wir die Klimaziele aber nicht erreichen können. Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: Einen ganz anderen Umgang mit dem Klimawandel erleben wir aber gerade auf der Straße, wo sich Klimaaktivisten aufhalten, oder in Kunstgalerien mit beschädigten Gemälden. Offenbar will dort niemand mehr auf die Entwicklung von Technologien warten. Ploß: Wir sehen derzeit, dass bewusst Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden, etwa indem Straßen gesperrt werden, damit Krankenwagen nicht passieren können. Gleichzeitig gibt es bei den Grünen, Teilen der SPD und vor allem der Linkspartei großes Verständnis für diese Radikalisierung. Dies stärkt diese radikalen Kräfte weiter. Auch für das neue Basisprogramm senden wir eine klare Botschaft: Keine missverstandene Duldung von Straftaten mehr! Wir brauchen ein konsequentes Vorgehen der Polizei und endlich eine klare Verurteilung dieser Straftaten durch den rot-grünen Hamburger Senat. Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: Wo wir beim Heimatschutz wären: Im Heimatschutz fordern Sie vor allem Beschäftigungswachstum, auch in der Justiz. Und er sagt auch: “Die Justiz sollte nicht zögern, den bestehenden strafrechtlichen Rahmen auszuschöpfen.” Ist Ihnen die Hamburger Justiz zu entspannt? Ploß: Zunächst einmal muss die Justiz in Hamburg deutlich besser ausgestattet werden. Gerade bei jüngeren Angeklagten ist es wichtig, dass das Verfahren schnell abgeschlossen werden kann und im Falle einer Verurteilung die Strafe sofort erfolgt. andernfalls verliert der Rechtsstaat seine Akzeptanz. Leider haben wir mit Frau Galina eine Justizsenatorin der Grünen, die seit ihrem ersten Arbeitstag von Skandalen verfolgt wird und deprimiert in ihrem Büro wirkt. Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: Die Frage war aber, ob die Krise zu milde war. Ploß: Natürlich hängt der Einzelfall immer von vielen Faktoren ab. Wir sehen aber auch Fälle, in denen schwer zu erklären ist, warum Schwerverbrecher oder verurteilte Vergewaltiger mit Bewährungsstrafen davonkommen. Wir müssen auch den Umfang der Sanktionen an der einen oder anderen Stelle erhöhen, zum Beispiel bei Angriffen auf Polizisten, das haben wir als CDU-geführte Bundesregierung getan. Aber auch angesichts radikaler Klimaaktivisten werden wir sehen müssen, ob die Gesetze ausreichen. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu Recht, dass die Politik hier handelt und den Gerichten eine Chance gibt, konsequent vorzugehen. WELT AM SONNTAG: Wünschen Sie sich auch für Hamburg eine 30-Tage-Reservierungsoption – wie es in Bayern möglich ist? Ploß: Eine so lange Haft ohne vorherige Verurteilung ist ein schwerer Eingriff in die Grundrechte und sollte daher nur sehr vorsichtig und nur auf richterliche Anordnung verhängt werden. Aber ja, wenn zum Beispiel immer noch dieselben Leute Straßen blockieren und Menschen in Gefahr bringen, sollten wir der Polizei und der Justiz ein solches Mittel an die Hand geben. Lesen Sie auch Klimaprotest der letzten Generation
Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: Sie beschäftigen sich in einem weiteren Teil des neuen Programms mit dem Thema gesellschaftlicher Zusammenhalt. Hier sagt er: „Ein rein gruppenbezogenes, identitätspolitisches Politikverständnis, das sich nur nach angenommenen Identitätsmerkmalen wie Hautfarbe, Geschlecht oder sexueller Orientierung bewegt, steht unserem Politikverständnis diametral gegenüber: Es führt zur Spaltung und letztlich ein Zusammenbruch unserer Gesellschaft“ – wie groß sehen Sie das Risiko? Ploß: Wir erleben starke Spaltungsversuche von rechts und zunehmend auch von links. Ich höre in vielen Diskussionen, dass die Leute darüber sehr besorgt sind. Die große Mehrheit ist gegen jede Form von Rassismus oder Diskriminierung, lehnt aber auch die Geschlechtersprache ab oder die Tatsache, dass Jugendliche ab 14 Jahren sogar gegen den Willen ihrer Eltern das Geschlecht ändern können. Mein Eindruck, den ich in vielen persönlichen Gesprächen bekomme, ist ein anderer als in manchen Medien – das spiegelt sich übrigens auch in allen repräsentativen Umfragen wieder. In Großstädten wie Hamburg erleben wir die Auswüchse linker Identitätspolitik besonders stark. Deshalb senden wir eine klare Botschaft: Wir sehen Menschen als Individuen und wollen die Gesellschaft als Ganzes zusammenhalten, anstatt sie in verschiedene Gruppen zu spalten. Dabei sollte es nicht auf Hautfarbe, Geschlecht, Herkunft oder sexuelle Orientierung ankommen, es sollte immer um die einzelne Person gehen. Das leiten wir unter anderem aus unserem christlichen Menschenbild ab, weshalb wir auch in unserem Parteinamen das C betonen. Lesen Sie auch Lesen Sie auch WELT AM SONNTAG: Kommen wir zu einem der Bereiche, die früher als „Klassiker“ bezeichnet wurden. Unter der Überschrift Wirtschaft heißt es im Rahmenprogramm: „Wir wollen Hamburg als internationale Metropole neu definieren“ – was meinen Sie damit? Ploß: Die SPD-geführten Senate haben das Potenzial Hamburgs nicht ausgeschöpft. Die Stadt wird nur verwaltet und nicht sehr gut. Anders als SPD und Grüne wollen wir, dass Hamburg nicht nur Bremen oder Lübeck ebenbürtig wird, sondern seine Rolle als internationale Metropole wahrnimmt – wie unter den Regierungen von Ole von Beust, Wolfgang Peiner und Gunnar Uldall. Der Hafen muss strategisch entwickelt werden…