Centre Pompidou-Metz Residences in der Grande Arche de la Defense, entworfen von Stephane Malaka Genau diesem Ansatz wird nun in Metz im Centre Pompidou Rechnung getragen, und das Museum wird nicht nur als Ausstellungsraum genutzt, sondern auch als Kristallisationsraum für künftige Diskussionen, in denen diskutiert, gefilmt, eine Retrospektive und ein Konzertprogramm, bei dem die Frage nach der Lösbarkeit des Lebendigen unter Extrembedingungen im Mittelpunkt steht.
Zwischen Irritation und Hoffnung
Das Herzstück bleibt eine Ausstellung mit über 200 Werken von den späten 1960er Jahren bis heute, die alle mit dem Ziel ausgewählt wurden, die Tore des Möglichen zu überschreiten. Die Schau „The Gates of Might“ (bis 23. April 2023 in Metz) will die Verbindungen zwischen den imaginären Welten der Kunst und unserer Gegenwart herstellen. Irritation gehört ebenso zur Idee wie das Prinzip der Hoffnung, dass die Aufgaben der Gegenwart endlich gelöst werden können. Man erinnere sich vielleicht: Als man noch mit Regisseur Andrej Tarkowski unterwegs zu Solaris war, begegnete man in den Weiten des Weltalls der kulturellen Tradition des Westens. Die großen Klassiker wurden aus der Not auf die Raumstation gebracht und durften die Entfremdung dieser Werte in neuen Umgebungen erleben. Für die zeitgenössische bildende Kunst stehen Utopie und Dystopie viel näher. Das sagen viele der hier präsentierten Bilder aus. Jeder hat das Thema Umwelt und Klima als zentrales Lösungs- oder Gestaltungsprojekt vor sich.
Fotoserie mit 4 Bildern
Centre Pompidou-Metz Aida Muluneh, „The Shackles of Limitations“, 2018 Centre Pompidou-Metz Kevin McLoughlin, „Repetition“, 2019 Centre Pompidou-Metz Jon Rafman, „You Are Standing in an Open Field (Mental Traveler)“, 2020 © 1980 Sandy Skoglund Sandy Skoglund, “Radioaktive Katzen”, 1980
„Wir haben noch Optionen“
„Noch stehen wir vor einer Entscheidung“, sagt Ausstellungskuratorin Alexandra Müller, die Exponate von der klassischen Moderne über Cyberpunk bis hin zum Afrofuturismus zusammengetragen hat: „Wir können unser Verhältnis zu unserer Welt neu definieren und uns von einem eingeschlagenen Weg entfernen – oder wir auf den eingeschlagenen Wegen bleiben können, mit den daraus resultierenden Konsequenzen“. Auf jeden Fall will Müller die Schau als positives Eintauchen in Auflösungsutopien verstanden wissen. Im Science-Fiction-Jargon der Show geht es weniger um Superhelden oder eindringende Superspezies, die die Welt von außen bedrohen. Die Herausforderung liegt zwischen Menschen – und „Fiktion“ ist hier schon relativ nah dran, was die Arbeiten auf teils ironische, teils natürliche und aufschlussreiche Weise präsentieren, etwa wenn in Sandy Skoglunds Arbeit zwei Dutzend knallgelbe „radioactive cats“ umherwandern in einen grauen Raum. Wenn Sie sich dieses Datum ansehen, werden Sie feststellen, dass die Warnung aus dem Jahr 1980 stammt, einem der Schlüsseljahre der Anti-Atomkraft-Bewegung. Andere zeitgenössische Arbeiten machen deutlich, wie sehr die Klimakatastrophe in die eigenen vier Wände eingedrungen ist, ohne es vielleicht zu merken – wie etwa eine Arbeit der palästinensischen Künstlerin Larissa Sansour. Philippe Migeat Kiki Kogelnik, Weiblicher Roboter (1964)
Kogelnik als österreichischer Beitrag
Österreich ist in der Schau mit einer Arbeit von Kiki Kogelnik aus der Mitte der 1960er-Jahre vertreten: „Female Robot“ von 1964 verweist auf spätere Diskussionen um Gender, Politik und auch die Frage, ob man sich noch für eine feste Geschlechterrolle entscheiden will. Denn selbst Science Fiction sagt eines aus: Nichts, schon gar nicht Bilder des eigenen Körpers, ja, seines Körpers, ist in diesem Genre selbstverständlich. Die Chance der Science-Fiction liegt für die Ausstellungsmacher jedenfalls in der Irritation, die das Genre beim Publikum hervorruft – nur die Irritation bewirkt, so ihre Überzeugung, eine Veränderung der Gewohnheiten.