Ist Deutschlands Top-Schiedsrichter wirklich neutral? Verhält sich das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) neutral, wenn es ausgewählte Journalisten bevorzugt? Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat in einem aktuellen Gutachten deutliche Zweifel. Die umstrittene Praxis, stark verteidigt von Bundespräsident Stephan Harbarth (50): Ein exklusiver Kreis von Journalisten (Justizinterview) erhält Pressemitteilungen zu wichtigen Entscheidungen am Vorabend der Bekanntgabe. Ungleichbehandlung gegenüber anderen Journalisten!
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▶︎ Der wissenschaftliche Dienst schreibt: „In diesem Zusammenhang erscheint die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, Pressemitteilungen nur einem exklusiven Kreis von Journalisten zugänglich zu machen, für benachteiligte Journalisten besonders schwerwiegend, zumal das Bundesverfassungsgericht in der beabsichtigten Gewährleistung der Professionalität bzgl die Bewertung eines privaten Trusted by the club.” Denn der Verein entscheidet, wer beitreten darf. Auch interessant Karlsruhe rechtfertigt die Doppelmoral seiner journalistischen Arbeit mit der „Professionalität“ dieser erlesenen Gruppe. Die Vorabinformationen ermöglichten es, “die Gerichtsentscheidungen im Rahmen der Petition besser zu erfassen und (…) inhaltlich einzuordnen”, heißt es in einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe. Doch der Bundestagsbericht stellt das Kriterium „Professionalität“ in Frage, „es handelt sich nicht um ein offizielles, meinungsneutrales Kriterium“. Und er sieht “einen Informationsnachteil” für andere Journalisten, der “auch von finanzieller Bedeutung” sei. Zudem kommt fast die Hälfte der zugelassenen Journalisten von öffentlich-rechtlichen Sendern. Geben und nehmen sie? Das Bundesverfassungsgericht trifft weitreichende Entscheidungen für die Öffentlichkeit und bestätigt zuletzt im August 2021, dass der Rundfunkbeitrag erhöht werden muss.
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Der Bericht erhöht den Druck auf Harbarth
Wie viel Kritik vor dem Bundesverfassungsgericht ist von ihnen zu erwarten, wenn das BVerfG ihre finanzielle Basis sichert und ihnen Forschungsvorteile einräumt? „Tagesspiegel“-Rechtspolitikkorrespondent Jost Müller-Neuhof, kein Mitglied der Justizpressekonferenz, bat um Einsicht in die Vorabinformationen. Das BVerfG lehnte ab. Auch die AfD reichte Klage gegen die Karlsruher Informationspraxis ein, weil sie sich als Verfahrensbeteiligte benachteiligt sah. Erfolglos. Doch mit dem neuen Bericht wächst der Druck auf Harbarths Ungleichbehandlung von Medienvertretern. Denn das BVerfG beantwortet kritische Fragen von Journalisten teilweise gar nicht – nur um Auskunftsansprüche nach dem Pressegesetz in Verfahren mit sehr teuren Anwälten zu Lasten der Steuerzahler mit mäßigem Erfolg zu bekämpfen (BILD berichtete). Wichtige Schlussfolgerung des Berichts: Es wird auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Stuttgart verwiesen, wonach Journalisten bei der Landespressekonferenz in Baden-Württemberg keine exklusiven Pressemitteilungen erhalten dürfen, die anderen Journalisten vorenthalten werden.