Der Chefarzt von Winterthur erklärt, was dahintersteckt In diesem Jahr ist die Übersterblichkeit in der Schweiz enorm. Experten sind verwirrt. Winterthurs Chefarzt Urs Karrer hat jedoch einen Verdacht. 1/5 Die massive Übersterblichkeit in diesem Jahr wirft Fragen auf. Chefarzt Urs Karrer vermutet das Coronavirus. Ein alarmierender Trend wird sich auch 2022 fortsetzen: In der Schweiz sterben deutlich mehr Menschen als erwartet. Laut Statistik spielt Corona fast keine Rolle mehr. Aber Zahlen können täuschen. Besonders betroffen sind ältere Menschen. Von Menschen über 65 sind bisher 4.500 mehr als erwartet gestorben. Experten fragen sich warum. Das dachte sich auch Urs Karrer, Chefarzt der Medizinischen Poliklinik am Kantonsspital Winterthur. Und er hat einen Verdacht: Hinter dem traurigen Trend könnte Corona stecken. „Epidemiologisch besteht ein klarer zeitlicher Zusammenhang zwischen Wellen intensiver Virusaktivität gefolgt von Wellen überhöhter Sterblichkeit bei Menschen über 65“, sagt Karrer gegenüber dem Tages-Anzeiger. Hitze kann im Sommer ein Faktor sein, aber nicht im Frühling oder Herbst. Zumal das Risiko, an einer Viruserkrankung zu sterben, bei älteren Menschen höher ist. Das Immunsystem arbeitet nicht mehr mit voller Kapazität. Auch das Statistische Bundesamt (BFS) vermutet Coronavirus. Es könnte gut sein, dass Covid zu einer Übersterblichkeit führt, zumal es Menschen, die bereits durch andere Krankheiten geschwächt sind, schneller sterben lässt.
Das Coronavirus ist immer noch ein Risiko
Karrer vermutet, dass dies mit “Pandemiemüdigkeit” zu tun hat. Denn die meisten Menschen wünschen sich das Ende des Coronavirus. «Natürlich kann man immer argumentieren, dass ein zeitlicher Zusammenhang nichts beweist, auch wenn er wiederholt vorkommt, aber er ist ein grosser Hinweis», erklärt Karrer gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Allerdings sind die Zahlen des Coronavirus derzeit rückläufig. Das war in den letzten Jahren anders. Ein Grund dafür sei, dass viel weniger Menschen getestet würden, vermutet Karrer. Gleichzeitig ist die Impfbereitschaft gering. Derzeit können etwa 15 Prozent der 60- bis 80-Jährigen wiederverstärkt werden, was einen eher geringen Bedarf zeigt. „Die Pandemie scheint in den Köpfen der Menschen nicht mehr so präsent zu sein und viele glauben fälschlicherweise, dass keine Gefahr mehr besteht.“ Die Auffrischung wäre vor allem kurz vor einer Viruswelle sinnvoll, denn gerade in den ersten Monaten ist die Auffrischungsimpfung sinnvoll. Deshalb werde sie jetzt, zu den Wintermonaten hin, laut Karrer vor allem für Risikogruppen empfohlen, um die Übersterblichkeit zu begrenzen. (lrc) Mehr zum Thema Sterblichkeit