Für Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, die das Bündnis vor einem halben Jahr gegründet hat, ist das ein Erfolg. Doch einen Tag zuvor hatte ihre Partei den Sozialdemokraten eine äußerst herbe Niederlage beigebracht. Auf dem Landesparteitag am Sonntag wurde die ehemalige Bundesfamilienministerin erneut zum Vorsitzenden der Berliner SPD gewählt, allerdings nur mit 59 Prozent. Sie war die einzige Kandidatin. Als er vor zwei Jahren zum ersten Mal kandidierte, hatte er fast 90 Prozent bekommen. Raed Saleh, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der die Berliner Partei im Duell mit Giffy anführt, erging es nicht viel besser. Er erhielt nur 57 Prozent der Stimmen, verglichen mit 69 vor zwei Jahren. Auch der unbeliebte Vorgänger im Präsidialamt, Alt-Bürgermeister Michael Müller, kam 2018 auf 65 Prozent. Der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers sprach von einem „zitternden Duo“ an der Spitze der SPD, während die FDP am Montag ankündigte, Gifi „sollte sich fragen, ob sie nicht zurücktritt“.
Giffey unterstützt das obligatorische Jahr
Darauf wird er wohl nicht kommen. Das Ergebnis für Giffey war so schlecht, dass selbst ihre glühenden Kritiker in der SPD überrascht waren. Dies spricht gegen eine organisatorische Maßnahme. Wahrscheinlich, so die Berliner SPD, gibt es viel Unmut für Giffey und Saleh, und es gibt viele Gründe. Giffey nimmt bei ihren Auftritten kaum Rücksicht auf die Entscheidungen der Partei. Jüngstes Beispiel: Giffey hat sich vor wenigen Tagen in der Debatte um ein obligatorisches Sozialjahr positiv zu der Idee geäußert, obwohl die Berliner SPD die Wehrpflicht seit Jahren ablehnt. Dass sie im Wahlkampf viele Positionen von CDU und FDP teilte, ärgerte viele ihrer Mitstreiter. Das gilt auch für ihre Ankündigung bei den Koalitionsverhandlungen, eine Laternenkoalition einem rot-grün-roten Bündnis vorzuziehen – ein Wunsch Giffeys, der am Widerstand der Berliner Grünen und des linken Flügels der SPD scheiterte Kapital . . Die SPD hat die Wahl in Berlin am 26. September letzten Jahres gewonnen. Das Ergebnis von 21,3 Prozent war jedoch so überwältigend, dass es Giffeys Position in der Partei tendenziell schwächte. Viele Genossen machten die SPD für den Stadtverlust an die Grünen verantwortlich, weil ihre Vorsitzenden nicht sehr links eingestellt seien. Auch Giffey und Saleh sorgten bei der Besetzung der Senatssitze für allerlei Frustrationen in der SPD. Viele Positionen, insbesondere die des stellvertretenden Ministers, seien laut Partei nicht aus Eignungsgründen, sondern aus persönlichen Gründen gewählt worden. Die Delegierten hatten ihren Präsidenten schon vor der Wahl auf dem Parteitag verärgert. So stimmten sie einem Antrag zu, der die Enteignung größerer Immobilienkonzerne zum Thema hatte. Nachdem die Berliner in einem Volksentscheid für die Enteignung gestimmt haben, entscheidet nun ein Gremium, ob diese zulässig und machbar ist. Kommt es zu einem positiven Votum, muss der Senat umgehend ein Gesetz erarbeiten, damit die Sozialisierung schnell umgesetzt werden kann, hieß es jetzt.
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Giffey ist ein Gegner der Enteignungspolitik – der Schritt war also ein feindseliger Akt gegen den Vorsitzenden. Anders als ihre Vorgänger hatten Giffey und Saleh bereits darauf verzichtet, auf der fraglichen Autobahn A 100 auf einen Weiterbau zu pochen: 65 Prozent der Händler stimmten für einen Stopp des Vorhabens. Viele in der SPD werfen Giffey vor, auf eine freundliche oder parteifeindliche Mentalität zu pochen und ihr zu raten, Linke für sich zu gewinnen. Bisher gibt es kaum Anzeichen dafür, dass der Regierende Bürgermeister diesen Rat annehmen wird. Zu ihrem schlechten Ergebnis sagte Giffey am Sonntag: „Kritische Diskussionen sind in der Partei möglich, aber das heißt nicht, dass ich meine Position ändere. “Ich muss auf eigenen Beinen stehen können.”