Doch tagelang befand sich die Börse im freien Fall – und am Freitag stürzte sie schließlich ab. FTX ist offiziell zahlungsunfähig und hat nach eigenen Angaben am Freitag in den USA Insolvenz angemeldet. Bankman-Fried gab zudem seinen Rücktritt als CEO bekannt.

  1. Hallo zusammen: Heute habe ich bei FTX, FTX US und Alameda ein freiwilliges Verfahren nach Chapter 11 in den USA beantragt. – SBF (@SBF_FTX) 11. November 2022 US-Verfahren nach Chapter Eleven des Insolvenzgesetzes betreffen nach Angaben der Gruppe unter anderem die US-Kryptobörse FTX US, die Bankman-Fried gerade als „100 Prozent liquide“ bezeichnet hatte, und 130 weitere Unternehmen, die zusammen die FTX-Gruppe bilden. Am Vorabend hatte die für internationale Geschäfte zuständige Wertpapieraufsichtsbehörde der Bahamas bekannt gegeben, dass sie das Vermögen von FTX eingefroren und einen Insolvenzverwalter zur Verwaltung der Transaktion beantragt habe.

Die Offenlegung der Investmentgesellschaft als Auslöser

Die Initialzündung für das Fiasko war eine Enthüllung über den Hedgefonds Alameda Research, dem das FTX-Imperium gehört. Das Branchenmagazin CoinDesk stellte fest, dass etwa ein Drittel des 15-Milliarden-Dollar-Vermögens von Alameda aus der internen Kryptowährung von FTX, FTT, bestehen soll. Ein großer Teil des Nettoeigenkapitals von Alameda besteht aus dem „proprietären, zentral kontrollierten und gedruckten Token“ von FTX von Grund auf neu“, fasste Cory Klippsten von der Swan Bitcoin-Investmentplattform das Problem zusammen. Interdependenz, mangelnde Sicherheit und Insolvenzangst ließen bei Investoren und in der Krypto-Szene die Alarmglocken läuten. Eine Woche nach der Enthüllung gab der Chef der weltgrößten Krypto-Börse Binance, Changpeng Zhao, bekannt, dass Binance seine Bestände an FTT-Token im Rahmen des „Risikomanagements“ verkaufen werde. Auch andere Investoren begannen, Zahlungen in Milliardenhöhe zu überstürzen. In nur 72 Stunden sollen sechs Milliarden Dollar abgehoben worden sein. Zahlungen wurden daraufhin vorübergehend ausgesetzt, viele Kunden blieben mit einem Haufen zerbrochener Gläser zurück. In FTX brach eine Liquiditätskrise aus, der Run ging in den Untergrund und nahm andere Kryptowährungen mit. Die älteste Kryptowährung Bitcoin fiel am Mittwoch auf rund 15.700 US-Dollar, den niedrigsten Kurs seit 2020. Auch andere Kryptowährungen wie Ethereum hatten große Verluste verzeichnet. Grafiken: WHAT/ORF.at; Quelle: coinmarketcap.com

Dramatischer Übernahme-Schluckauf

Bankman-Fried wandte sich daraufhin an den Branchenführer Binance und bat um die Übernahme von FTX. „Heute Nachmittag hat FTX um unsere Hilfe gebeten. Es gibt einen erheblichen Liquiditätsengpass“, sagte Zhao auf Twitter. Um die Nutzer zu schützen, wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet, FTX.com vollständig zu übernehmen und das Liquiditätsproblem abzudecken. Binance steht es frei, jederzeit von der Vereinbarung zurückzutreten. Und das tat Binance mit einem weiteren Knall. Nach umfassender Prüfung gab das Unternehmen am Mittwoch bekannt, dass es die geplante Transaktion aufgibt. Grund dafür sind unter anderem Medienberichte über Fehlverhalten im Umgang mit Kundengeldern und angebliche Ermittlungen von US-Behörden. Man hoffte, Liquidität bereitzustellen, um FTX-Kunden zu unterstützen, aber die Probleme „liegen außerhalb unserer Kontrolle oder Fähigkeit zu helfen“. Als Ergebnis der Due Diligence des Unternehmens sowie der jüngsten Pressemitteilungen über die Misswirtschaft von Kundengeldern und angebliche Ermittlungen durch US-Behörden haben wir uns entschieden, die potenzielle Übernahme von https://t.co/FQ3MIG381f nicht weiterzuverfolgen. – Binance (@binance) 9. November 2022 Unterdessen berichtete das Wall Street Journal (“WSJ”), dass FTX Alameda Kundenvermögen in Milliardenhöhe geliehen hatte, um die riskanten Wetten des Handelsunternehmens zu finanzieren. Bankman-Fried gab bei einem Investorentreffen zu, dass Alameda FTX rund 10 Milliarden US-Dollar schuldet, so die mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Auch Alameda meldete zusammen mit FTX Insolvenz an.

Geldsuche fehlgeschlagen

Nach der Absage von Binance machte sich die überwältigende Börse auf die Suche nach frischem Geld. Bankman-Fried verhandelt mit Konkurrenten und anderen Investoren über eine Finanzspritze in Höhe von 9,4 Milliarden Dollar, hieß es. Sie befindet sich unter anderem in Gesprächen mit der Krypto-Börse OKX und dem Risikokapital Sequoia. OKX hat offiziell aufgehört, Sequoia hat seine Investitionen in den FTX-Coin als Totalverlust abgeschrieben, ebenso wie die japanische Firma Softbank. Gleichzeitig wies ein anderer Insider darauf hin, dass die US-Börsenaufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission gegen Bankman-Fried ermittelt. Die Regulierungsbehörde der Cyprus Stock Exchange hatte die europäische Niederlassung von FTX aufgefordert, ihren Betrieb einzustellen. Die japanischen Steuerbehörden ordneten an, dass die örtliche Niederlassung Teile ihres Geschäfts einstellen musste. In Australien wurde FTX unter Verwaltung gestellt, Kunden wurde geraten, keine Gelder zu halten oder sich an anderen Handelsgeschäften an der Börse zu beteiligen. Die Krise um FTX droht nun auf andere Unternehmen überzugreifen. Die Kryptobank BlockFi, die im Sommer von FTX übernommen werden sollte, hat vorerst alle Auszahlungen von Kundengeldern eingestellt. Für Teile der Klientel von FTX fängt der Nervenkrieg erst an. Auf jeden Fall sind nach dem Zusammenbruch der FTX wieder Forderungen nach einer strengeren Regulierung der Branche laut geworden.