Der Grund: Schon damals war absehbar, dass konventionelle Erdgasanlagen immer weniger Gas produzieren würden. Schiefergas soll also das Problem lösen. Nach den Plänen der OMV, die 50 Bohrstellen bis Wien vorsahen, hieß es damals, dass die Reserven um Poysdorf Österreich rund 30 Jahre mit Erdgas versorgen könnten. Wie viel Schiefergas tatsächlich im Boden gespeichert ist, ist noch schwer zu sagen.
Welle der Mobilisierung
Zweifellos hat das Projekt innerhalb kurzer Zeit die Massen mobilisiert. Umweltschutzorganisationen protestierten, die Bürgerinitiative „SCHIEFESgas“ sammelte mehr als 10.000 Unterschriften, ihr Vertreter Johann Kleibl erinnert sich: „Wir haben jede Woche Stimmen bekommen, Menschen haben unterschrieben, uns moralisch unterstützt und sind zu Veranstaltungen gekommen.“
OMV kündigt Schiefergastests im Weinviertel an
Die Befürchtungen: Grundwasser ist gefährdet, die Folgen für die Umwelt nicht absehbar. Vor allem das Fracking-Verfahren ist umstritten – es setzt in undurchlässigem Gestein gespeichertes Gas frei. Dazu müssen Sie Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem Druck in den Boden pressen. Das Gestein bricht und wird für das Gas durchlässig, und ein Stützmaterial hält die Risse offen, sodass das Gas eingeschlossen werden kann. Kritiker befürchteten, dass sich die teilweise krebserregenden Chemikalien mit dem Grundwasser vermischen und dieses langfristig unbrauchbar machen würden. Auch Niederösterreichs Umweltrechtler Harald Roßmann zeigte sich besorgt: „Zum einen werden hier sehr giftige Stoffe verwendet.“ Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass bei Bohrungen in diesen Tiefen Radioaktivität austritt. “All diese Fragen sind nicht hinreichend geklärt.”
Beschädigte Ländereien
Vor Jahren löste diese Art der Finanzierung in den USA einen regelrechten Boom aus. Tausende Landbesitzer gaben auf der Jagd nach dem schnellen Geld ihr Land oder ihre Schürfrechte an Erdgaskonzerne ab – mit verheerenden Folgen. Böden und Grundwasser wurden durch die Schiefergasförderung mit Chemikalien verseucht, teilweise ganze Landstriche zerstört. Peter Aengst CC BY-SA 4.0 Das Jonah Gasfield in Wyoming (USA) nach dem Verschwinden der Tribünen „Die Schiefergasförderung, wie sie derzeit in der Praxis funktioniert, funktioniert nur, indem viel Chemie eingesetzt wird, um das Gas an die Oberfläche zu bringen“, betonte Jurrien Westerhof von Greenpeace damals. Die anfallenden Abwässer seien “hochgradig mit Schwermetallen und Chemikalien aller Art belastet, eigentlich Sondermüll und müssten entsorgt werden”.
Reine Form von „Fracking“
OMV wolle seit 2013 zwei Testbohrungen in Herrnbaumgarten und Poysdorf durchführen, allerdings mit einer neuen, reinen Form des „Fracking“, versprach OMV Austria CEO Christopher Veit: Einerseits wollte man tiefer bohren als in den USA. Andererseits „werden wir nur umweltverträgliche Chemikalien verwenden“.
Der Erfinder des vermeintlich sauberen Frackings im Interview
Unterstützt von Herbert Hofstätter vom Lehrstuhl für „Erdöl- und Erdwärmegewinnung“ an der Montanuniversität Leoben (Steiermark). Er verstehe zwar die Ängste der Bürger, doch die Schreckensbilder aus den USA hätten nichts mit der Realität in Europa zu tun: In Österreich liegen die für Fracking interessanten Gesteinsschichten viele tausend Meter unter dem Grundwasser – anders als in Nordamerika, wo es in die Tiefe geht weniger sind kaputt.
Stärke und Kaliumcarbonat als Wundermittel
Das von Hofstätter entwickelte Verfahren namens „Bio Enhanced Energy Recovery“ will auf Chemie verzichten und arbeitet stattdessen mit Maisstärke und Kaliumcarbonat, die auch in der Lebensmittelindustrie und als Düngemittel verwendet werden. „Das ist zu 100 Prozent umweltverträglich“, sagte Hofstätter damals im Gespräch mit noe.ORF.at. mehr zum Thema
Als Zistersdorf zum neuen „Öldorado“ wurde.
Dieses Verfahren soll auch im Weinviertel angewendet worden sein. Seit Jänner 2012 versucht die OMV mit Informationsveranstaltungen die Bevölkerung von der Unbedenklichkeit zu überzeugen. Doch als der CEO der OMV Austria bei einer Veranstaltung in Poysdorf vor voll besetztem Saal demonstrativ Maisstärke aus einem Glas trank, um seine Harmlosigkeit zu unterstreichen, war die Stimmung bereits umgeschlagen.
Undurchsichtige Infopolitik
Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen blieben zurückhaltend, vor allem wegen der von Anfang an undurchsichtigen Informationspolitik der OMV, sagt Kleibl: „Wir als Bürger wurden mehr oder weniger angegriffen, es gab keine Informationen.“ Im Gegensatz zu den Gemeinden, die gut informiert waren. “Du hattest das Gefühl, dass du sie reiten wolltest.” OMV Aktiengesellschaft Die seismisch vermessenen Fahrzeuge lösten bei Bürgern Skepsis und Besorgnis aus Fehler der OMV: Der Konzern verlasse sich auf seinen über Jahrzehnte aufgebauten Ruf im Weinviertel, den er nicht aufs Spiel setzen werde, hieß es. Doch viele Bürger fühlten sich ignoriert. Beim Briefing brachte es ein Teilnehmer – im Dialekt – auf den Punkt: „Sie dachten, die Bauern könnten sie mit Bier und Würstchen abzocken.“ Kleibl war erstaunt, dass „ein Milliardenkonzern so plumpe Sachen macht“. Als Bürgerinitiative würden sie zudem als Aktivisten abgestempelt und „nicht ernst genommen“, fügte Klibl hinzu. Und die Lokalpolitik in Poysdorf wollte sich die Sorgen zunächst “nicht anhören”. Laut Kleibl war das nicht nötig. Doch die Kritiker ließen sich nicht beirren und informierten die Öffentlichkeit aus eigener Initiative. Die OMV, die zunächst dem niederösterreichischen ORF Interviews gab, hat seitdem meist nur noch mit schriftlichen Stellungnahmen reagiert.
Das OMV Event macht Gegnern Mut
Rückblickend sei die Outreach-Veranstaltung in Poysdorf „der größte Gewinn für uns“, sagt Kleibl. In der Folge habe es einen großen Zuzug von Menschen gegeben, „die nichts mit uns zu tun hatten, denen Umweltschutz aber wichtig war“. Dank des „OMV-Events“ habe sich die Zahl der Unterstützer „plötzlich verdoppelt oder verdreifacht“.
Intensive informative Diskussion zwischen OMV und Bürgern
Damals gab es nicht nur Rivalen in der Gegend, sondern das Thema hatte Poissdorff gespalten. Die einen hofften auf Wohlstand und Arbeitsplätze, die anderen fürchteten die Zerstörung der Umwelt und den Wertverlust ihrer Häuser. „In der Kneipe saßen die Leute nicht mehr zusammen am Tisch, Freundschaften gingen in die Brüche“, sagt er.
Fuzzy-Taille
Auch in der Bundespolitik herrschte Uneinigkeit über das Potenzial von Schiefergas: Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) sagte „ein klares Nein zur Förderung mit dem jetzigen Verfahren“, sowohl „aus Gründen des Umwelt- als auch des Klimaschutzes, alles. spricht gegen ihn”. Das Risiko, dass das Grundwasser kontaminiert wird, ist sehr hoch. “Das ist unser größtes Kapital und wir wollen die Menschen schützen.” Österreich
100 Jahre Niederösterreich
Finanzminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) wollte Fracking hingegen nicht “grundsätzlich jetzt” verbieten. Stattdessen befürworte er eine Überprüfung des Verfahrens und verweise auf die Erfahrungen in Österreich mit Erdarbeiten. Am Ende werde die Behörde “entscheiden”, und dafür müsse Mitterlehner letztlich haften.
Der Wendepunkt für die Designs von OMV
Den Wendepunkt in dieser Debatte bildeten laut Kleibl Medienberichte im Februar, wonach Fracking-Assets bereits in der konventionellen Produktion eingesetzt worden seien – bis zu 30 Mal. Ziel war es, die bestehenden Öl- und Gasfelder noch besser ausbeuten zu können – nach dem international anerkannten Stand der Technik, wie OVM einräumte. Das Bergamt hatte es auch genehmigt, also war alles gesetzlich erlaubt.
Hat OMV schon verraten?
„Damit hat die OMV aber alles aufs Spiel gesetzt, denn wie soll man denn so logisch zusammenarbeiten“, sagt Kleibl. Bis dahin sei nicht geredet worden und plötzlich sei die Politik “lebendig geworden”. Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) forderte im März 2012 eine verpflichtende Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) für bis dahin nicht notwendige Bohrungen. Anfang Juli wurde auf Bundesebene ein Gesetz verabschiedet, das eine solche Prüfung vorsieht.
“Kein wirtschaftlicher Sinn”
Kurz darauf schritt die OMV ein. OMV Austria CEO Christopher Veit betonte bei einer Pressekonferenz im Herbst: „Wir haben das Schiefergasprojekt vor einigen Monaten gestoppt.“ Hauptgrund ist eine Bewertung der UVP-Novelle, wonach das Projekt „wirtschaftlich keinen Sinn mehr macht. “. Daher “gibt es derzeit keine Pläne, Schiefergas in Österreich zu verfolgen.” Die Entscheidung beendete die Schiefergasträume im Weinviertel, bevor sie überhaupt begonnen hatten. Kritik an der Bürgerinitiative wurde dadurch ausgelöst, dass der OMV Konzern nicht auf die Bedenken der Bürger reagiert habe – „Die Proteste waren ihnen egal“ – sondern erst gehandelt habe, nachdem der Test rechtskräftig war…